Ich war gestern in dem Film, mitten zwischen anderen Besuchern, die größtenteils Ende 60 waren. Mir hat der Film natürlich auch sehr gut gefallen, er ist nah an dem was man in der Andersen Biogr. "Mein Leben" lesen konnte. Ich habe vor, aufgrund des Filmes, manches erneut dort nachzulesen.
Lasses Vater wurde mir durch die Verfilmung etwas näher gebracht. Er war nicht der böse ältere dominierende Chefredakteur, der Astrids Jugendlichkeit ausgenutzt hat, sie vielleicht beruflich erpresst hat. Astrid hat sich ganz schön an ihn rangeschmissen, als sie sich plötzlich vor ihm auszog (auch das Wangenküsschen an Sture... ich gebe meinen männlichen Kollegen/Vorges. keine Wangenküsschen). Natürlich kann der Film nur Andeutungen/ Ausschnitte zeigen und nicht das komplette Zusammensein der Beteiligten.
Astrid hatte, wie jede ledige Schwangere, den viel schwereren Weg. Es ist hart, dass sie Lasse in Dänemark über drei Jahre bei der Pflegemutter lassen muss, weil er befürchtet ins Gefängnis zu kommen, dabei dann tatsächlich gegen 1000 Kronen das Verfahren wegen Unzucht eingestellt wird.
Schön hätte ich gefunden, wenn es noch eine Szene gegeben hätte von der Beratung Astrids durch die RAin.
Immerhin hatte Lasse es gut bei der dänischen Pflegemutter, die Astrid ja auch nicht vorher kannte. Es ist tragisch, dass er Zeit seines Lebens gebrochen blieb und das Verhältnis Astrid/Lars unterschwellig belastet war. Es sind diese Schicksale, die sich immer wieder und auch sanfter wiederholen. Kinder, die in Dtl. während des 2. WK "verschickt" wurden, waren auch seelisch gezeichnet.
So z.B. mein Onkel, der als Zweijähriger von seinen Eltern getrennt wurde, weil meine Oma mit meiner Mutter schwanger war und wegen der Bomben in Hannover schon Wochen vor der Geburt in den Harz evakuiert wurde und dort auch noch länger blieb. Hans bekam zwar mal Besuch vom Vater/ der Tante - aber er konnte sich natürlich kaum äußern und in den Heimen war der Umgang mit kleinen Kindern eben auch ein ganz besonderer. Das war ja auch noch viele Jahre später schlimm, so erzählte u.a. meine Mutter in der Kinderkur am Stuhl bei Mahlzeiten festgebunden worden zu sein.Rabea hat geschrieben:
Mir kam es manchmal viel später vor. Was bestimmt auch an den Möglichkeiten lag, die Astrid bekommen und genutzt hat.
Durch die Serie "Babylon Berlin" habe ich gelernt, dass die Menschen in den 20er Jahre sehr viel freier und losgelöster gelebt haben. Mit der ganzen braunen Veränderung, einige Jahre später, gab es enorme Rückschritte bei Emanzipation und Selbstverwirklichung.
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Liebe Grüße von Christiane
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"Wenn Du ein Buch auf eine Reise mitnimmst, dann geschieht etwas Seltsames. Das Buch wird anfangen, Deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst Du wieder dort sein, wo Du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Worten wird alles zurückkommen - die Bilder, die Gerüche, das Eis, das Du beim Lesen gegessen hast." Mortimer Folchart