Melanie Metzenthin lebt in Hamburg, wo sie als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie arbeitet. Sie hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen psychische Erkrankungen oft eine wichtige Rolle spielen. Beim Schreiben greift die Autorin gern auf ihre berufliche Erfahrung zurück, um aus ihren fiktiven Charakteren glaubhafte Figuren vor einem realistischen Hintergrund zu machen. 2020 wurde sie für ihr Buch "Mehr als die Erinnerung" mit dem DELIA Literaturpreis ausgezeichnet.Unsere kurze Ewigkeit: Margarethe und Fritz Krupp. Roman einer EheHerausgeber : Piper; 1. Edition (3. Mai 2024)
Broschiert : 416 Seiten
Die große Liebe wurde ihre größte Herausforderung
Essen, 1882. Der begehrteste Junggeselle des Ruhrpotts heiratet eine alte Jungfer: Für Fritz Krupp und die gleichaltrige Margarethe ist es eine Liebeshochzeit, doch die feine Gesellschaft sieht in der Braut keine gute Partie. Margarethe beweist allerdings schnell, was in ihr steckt. Sie muss sich nicht nur um die wachsende Familie kümmern, sondern wiederholt für ihren kränklichen Gatten auch in beruflichen Belangen einspringen. Für sie ist völlig klar: Fritz ist ihr Seelenverwandter, für ihn würde sie alles tun. Gleichzeitig verlangen ihr Mann, das Unternehmen und die Krupp-Dynastie ihr alles ab. Für Margarethe wird ihre Ehe zur Lebensaufgabe, Erfüllung und Herausforderung zugleich.Ein neues Buch von Melanie Metzenthin – ein Einzelband.
Viele haben mir schon vorgeschwärmt von den Romanen von Melanie Metzenthin. Ich habe drei wunderbar intensive Lesetage verlebt mit „Unsere kurze Ewigkeit – Margarethe und Fritz Krupp – Roman einer Ehe. Wie ich dies tippe, denke ich gerade – ganz schön langer Titel. Wobei, die Namen der Protagonisten sind notwendig und „Roman einer Ehe“, das passt. Über „Eine kurze Ewigkeit“ kann man und muss ich noch ein bisschen nachdenken.
Das Buchcover gefällt mir und lege ich dieses neben Band 1 der Gut Mohlenberg-Quadrologie, trotz unterschiedlicher Verlage, ergeben die Bände ein harmonisches Bild. Das gefällt mir und, was mir noch sehr gut gefallen hat, war das wunderbar glatte Papier des neuen Romans. Wunderbar fingerschmeichelnd beim Blättern. Hätte nicht gedacht, dass ich einmal auf die Papierqualität so eingehen würde, aber hier ist es mir gleich sehr positiv aufgefallen.
Es ist an der Zeit jetzt endlich mal auf das Gelesene einzugehen. Okay! Margarethe und Fritz Krupp lernen sich als Jugendliche kennen und als Mitdreissiger schätzen. Die große Liebe, verbunden mit großem Vermissen ist es nicht und weil Fritz lange nicht den Mut findet, seinem Vater von Margarethe zu erzählen, heiraten sie erst mit 28 Jahren. Ich kenne die Krupp-Verfilmung vom ZDF und habe vor einigen Jahren die Villa Hügel in Essen besucht. Beides habe ich in guter Erinnerung, die Villa ist beeindruckend ausgestattet. Grundsätzlich habe ich ein Interesse an Biographien und so habe ich mich sehr gefreut, durch einen Roman mich ein wenig mehr mit dieser Generation Krupp zu beschäftigen und nebenbei auch ein Buch einer für mich neuen Autorin zu lesen.
Nach wenigen Seiten war ich bereits verliebt in die Art, wie die Geschichte erzählt wird. Melanie Metzenthin versteht wunderbare Sätze zu formulieren, Szenen zu beschreiben und mit der Sprache sich so auszudrücken, dass es ein Lesegenuss für mich ist. Dieser setzte sich fort, denn mein Lesefluss wurde nicht gestoppt durch ärgerliche Rechtschreibfehler. Ich bin berufsbedingt empfindlich, denn einmal gedruckt, ist Korrektur erst zur nächsten Druckauflage möglich.
Margarethe lernen wir kennen, als wir sie zu ihrer ersten Tätigkeit als Gouvernante in einer bürgerlichen Familie in England begleiten. Das „bürgerlich“ schreibe ich extra, denn Margarethe von Ende gehört, der Name drückt es aus, zum Adel. Sie hat ein Lehrerinnenseminar besucht und da das Thema „wir müssen einen Heiratskandidaten“ für unsere Älteste nicht vom Elternhaus forciert wird, übt sie tatsächlich einen Beruf aus. Freiwillig! Ihre Mutter sagt offen, wie kann sie nur als Dienstbotin bei einer bürgerlichen Familie arbeiten wollen, der Krupp-Patriarch erklärt Margarethe den Unterschied zwischen Dienstboten und Menschen, die in Diensten stehen. (S. 28) Margarete ist eine starke Frau und über die Buchlektüre erkennt man früh, sie ist stärker als Fritz Krupp. Als einziges Kind von Bertha und Alfred Krupp, zeigt er Interesse an dem Betrieb, jedoch weicht er Auseinandersetzungen mit dem Vater aus und verschanzt sich hinter angeschlagener Gesundheit. Wie der Vater – so der Sohn? Nein, in diesem Punkt folgt er seiner Mutter und das Thema Gesundheit zieht sich als roter Faden durch die Ehejahre.
Margarethe Krupp wird Mutter zweier Töchter und sie ist so aufgeschlossen, dass sie überzeugt ist, man muss Mädchen genauso gut und vielfältig wie einen Jungen unterrichten und damit die gleichen Lern- und Entwicklungschancen gibt. Auch Fritz Krupp hat nicht den Ehrgeiz, auf einen männlichen Nachkommen zu bestehen für seinen großen Waffenbetrieb mit 50.000 Mitarbeitern.
Fritz verliebt sich in die Insel Capri, dort verbringt er den Winter, regeneriert sich, interessiert sich für Meeresbiologie und genießt fernab von Essen die Freundschaft der Italiener. Margarethe und die Töchter Bertha und Barbara bleiben in Essen, denn Margarethe fühlt sich als Krupp verpflichtet, auf der Villa Hügel die Familie zu repräsentieren.
Wohltätigkeit spielt eine große Rolle, so begründet Familie Krupp Unterstützungen für alte Arbeiter, Hinterbliebene und Kranke. Sie sorgen für hygienische Wohnräume, gute med. Versorgung und fühlen sich dem Standort Essen und ihren Mitarbeitern verpflichtet. Junge Dienstmädchen erhalten beispielsweise eine Truhe für ihre Aussteuer und immer mal wieder Stoff und Handarbeitsmaterial, sowie Anleitung daraus etwas zu fertigen. Margarethe macht auch deutlich, dass sie ihre Arbeit anerkennt, auch weil sie zu Arbeiten kennen gelernt hat. Schön ist auch die Szene, als sie der Gouvernante ihrer Kinder Hinweise gibt und diese ihr daraufhin den Spiegel umdreht und sie erinnert, wie sie sich wohl als Gouvernante in der Situation gefühlt hätte.
Die Familie Krupp wird von Kaiser Wilhelm II und seiner Frau Auguste Victoria als Freunde angesehen. In der Villa Hügel, dem Familiensitz der Fam. Krupp finden Empfänge statt, es wird repräsentiert, man hat häufig Gäste – 600 Angestellte halten Häuser, Park, Haushalt instand.
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Die 399-Raum-Wohnung: Nach Auswertung der alten Pläne umfasst die Villa Hügel mit beiden Gebäuden, Verbindungstrakt, Keller und Dachgeschoss 399 Räume mit insgesamt rund 11.100 Quadratmetern, darunter zwei große Hallen mit je 420 Quadratmetern.
Die Kaiserin erbittet sich sogar die Ferienvilla der Krupps in Baden-Baden für ihre Kur. Man vertraut sich und dieses Vertrauen ist wichtig als Entscheidungen anstehen.
Melanie Metzenthin ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und so profitiert der Leser von einer Autorin, die ihre beruflichen Erfahrungen selbstverständlich auch beim Bücherschreiben einsetzt.
Ich habe eine neue Autorin für mich entdeckt. Melanie Metzenthin legt Fiktion und hist. Überlieferung offen und gibt im Nachwort allen Lesern zusätzliche und wichtige Informationen. Sie hat gewissenhaft recherchiert und ein tolles Buch fertiggestellt. Gern empfehle ich diese Lektüre weiter und wünsche schöne Lesestunden.
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Liebe Grüße von Christiane
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"Wenn Du ein Buch auf eine Reise mitnimmst, dann geschieht etwas Seltsames. Das Buch wird anfangen, Deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst Du wieder dort sein, wo Du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Worten wird alles zurückkommen - die Bilder, die Gerüche, das Eis, das Du beim Lesen gegessen hast." Mortimer Folchart