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Trude Teige

01.08.2023, 17:18

Als Großmutter im Regen tanzte

Zur Autorin (Quelle: Fischer Verlag):
Trude Teige bietet uns einen bewegenden Einblick in die Nachkriegszeit in Norwegen und Deutschland und wie das Schicksal auch die folgenden Generationen prägt. Ihr Roman »Als Großmutter im Regen tanzte« stand mehrere Jahre lang auf den norwegischen Bestsellerlisten; ihre Werke werden in viele Sprachen übersetzt. Trude Teige gehört zu den bekanntesten Journalistinnen und TV-Moderatorinnen Norwegens. Für »Als Großmutter im Regen tanzte« recherchierte sie auch in Berlin und Demmin.

Klappentext:
Eine starke Frau in dunklen Zeiten. Und eine junge Frau, die zurückschauen muss, um nach vorn blicken zu können.
Als Juni ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf der kleinen norwegischen Insel zurückkehrt, entdeckt sie ein Foto: Es zeigt ihre Großmutter Tekla als junge Frau mit einem deutschen Soldaten. Wer ist der unbekannte Mann? Ihre Mutter kann Juni nicht mehr fragen. Das Verhältnis zwischen ihrer Mutter und ihrer Großmutter war immer von etwas Unausgesprochenem überschattet.

Die Suche nach der Wahrheit führt Juni nach Berlin und in die kleine Stadt Demmin im Osten Deutschlands, die nach der Kapitulation von der russischen Armee überrannt wurde. Juni begreift, dass es um viel mehr geht als um eine verheimlichte Liebe. Und dass ihre Entdeckungen Konsequenzen haben für ihr eigenes Glück.

»Als Großmutter im Regen tanzte« erzählt davon, wie uns die Vergangenheit prägt bis in die Generationen der Töchter und Enkelinnen. Doch vor allem ist es eine Geschichte über die heilende Kraft der Liebe.

Drei Generationen, verbunden durch die Liebe und ein tragisches Geheimnis der Nachkriegszeit


Grußwort der Autorin
“Mein Roman wurde inspiriert von gelebten Leben und tatsächlichen Geschehnissen im und nach dem Krieg in Norwegen und in Deutschland. Ich bin immer auf der Suche nach unerzählten Geschichten, vor allem von Frauen. Kriegsgeschichte ist ja größtenteils von Männern geschrieben worden, über Männer. Die Geschichte der Frauen, die deutsche Soldaten heirateten, nach Deutschland gingen und ihre norwegische Staatsbürgerschaft verloren, ist für viele unbekannt. Ich habe Aufzeichnungen dieser “Deutschenmädchen” studiert und eine von ihnen auch persönlich getroffen. Für die Recherche zum Roman reiste ich auch nach Berlin. Und nach Demmin in Mecklenburg-Vorpommern, um mehr zu erfahren über die Tragödie, die sich dort im Mai 1945 abspielte, als die Russen nach Westen vorrückten. Nicht minder aufsehenerregend als die Geschichte selbst scheint mir, wie unbekannt sie selbst für die meisten Deutschen lange war.”


Ich habe gestern Abend, pünktlich zum Monatsende, mein Monatshighlight beendet. Trude Teige greift ein vielen unbekanntes Thema auf: das Schicksal der sog. „tyskerjentene“, der „deutschen Mädchen“. So wurden in Norwegen die Frauen genannt, die während des Zweiten Weltkriegs mit einem der deutschen Besetzer eine Liebesbeziehung eingingen. Sie wurden öffentlich ihrer Haare beraubt und so als Volksverräterinnen gebrandmarkt. Damit verloren sie nicht nur ihre Ehre, sondern oft auch auch ihre berufliche Anstellung und familiären Zusammenhalt. Mit der Ehe erkannte man ihnen ihre norwegische Staatsbürgerschaft ab, d. h. sie verloren nun auch ihre Heimat. Lebten sie noch in Norwegen, wurden sie bei Kriegsende ohne richterlichen Beschluss in Lagern interniert und nach Deutschland expatriiert, da sie ja deutsche Staatsbürger waren. Erst ab 1950 wurde ihnen die norwegische Staatsbürgerschaft wieder zuerkannt, sofern sie sich in Norwegen niederlassen wollten. Schätzungen sagen, ca. 50.000 Frauen waren betroffen; die Dunkelziffer noch höher. Aus diesen Beziehungen gingen ca. 12.000 Kinder hervor, die in Pflegefamilien oder Heimen untergebracht wurden. Beziehungen zwischen Norwegern und deutschen Frauen sind übrigens unbeanstandet gewesen. Das Ausmaß dieses Rechtsbruchs seitens der norwegischen Regierung wurde erst in den letzten Jahren bekannt. Wichtig war hier die Biografie der ABBA-Sängerin Anni-Frid Lyngstadt, die als Tochter einer „tyskerjente“ und eines deutschen Soldaten zur Welt gekommen war. Trude Teige hat sich ein brisantes Thema ausgesucht. Sie verknüpft es mit der desolaten Situation des besiegten Deutschlands 1945 und dem Massenselbstmord in Demmin, einer Stadt in der sowjetisch besetzten Zone, einem ebenfalls lange Zeit verschwiegenen Thema.

Die Handlung erstreckt sich über drei Generationen und zwei Zeitebenen. Enkelin Juni findet in Teklas Haus unbekannte Fotos und geheimnisvolle Briefe. Sie ist neugierig (wer nicht?) und beginnt zu recherchieren und nachzuforschen. Teklas Geschichte wird parallel und abwechselnd erzählt, der Leser weiß mehr als die Enkelin. Mir hat der Roman sehr gut gefallen und ich kann nur empfehlen ihn zu lesen. Mich hat überrascht, dass einige Jahre vergangen sind, bis der Roman einen deutschen Verlag gefunden hat.

Re: Trude Teige

01.08.2023, 19:34

Vielen Dank fürs Vorstellen, Christiane. Am Freitag habe ich noch zu Ulrike gesagt, dass ich hoffe, dass du über das Buch etwas im Forum schreibst. Dank deiner Rezension bin ich mir nun noch sicherer, dass ich das Buch haben muss.

Re: Trude Teige

01.08.2023, 22:51

Leider kann ich das Buch nicht wandern lassen, da ich es mir auch ausgeliehen hatte.

Ich finde, durch den norwegischen Bezug und weil es mir auch noch gut gefallen hat, hat es doppelte Darseinsberechtigung hier im Forum angepriesen zu werden. Sicherlich werde ich den Roman von Randi und Lillian Crott nun auch erneut lesen. Es sind erschütternde Zeitzeugnisse.

Re: Trude Teige

02.08.2023, 07:15

Auf meiner Wunschliste steht das Buch auch.
Danke fürs Vorstellen, Christiane.
Aufmerksam darauf wurde ich allerdings schon ziemlich früh, eben auch durch die Geschichte von Abba-Sängerin Frida. Nachdem damals in den 70ern die Bravo zufällig ihren Vater ausfindig gemacht hatte, habe ich das Schicksal dieser Frauen und Kinder zum ersten Mal wahrgenommen. Literatur dazu war aber damals für mich keine zu finden oder noch nicht auf dem Markt.

Ich habe mittlerweile einige Bücher zu dem Thema gelesen, aber mein Favorit bleibt immer noch "Erzähle es niemandem" von Randi und Lillian Crott.
Den Film dazu muss ich an dieser Stelle auch mal wieder empfehlen.

Re: Trude Teige

02.08.2023, 08:55

Christiane hat geschrieben:Leider kann ich das Buch nicht wandern lassen, da ich es mir auch ausgeliehen hatte.

Das kaufe mich ich mir als "echtes" Buch :ggg . Das möchte ich im Regal stehen haben.

Re: Trude Teige

02.08.2023, 13:14

Ulrike hat geschrieben:Ich habe mittlerweile einige Bücher zu dem Thema gelesen, aber mein Favorit bleibt immer noch "Erzähle es niemandem" von Randi und Lillian Crott.
Den Film dazu muss ich an dieser Stelle auch mal wieder empfehlen.


Daran, den Film noch schauen zu "müssen", wurde ich gestern auch erinnert.

Re: Trude Teige

02.08.2023, 13:28

Ich habe heute mal geschaut, aber nur eine DVD bei Amazon gefunden. Der Film scheint in keiner Mediathek zu sein.

Gesendet von meinem SM-G930F mit Tapatalk

Re: Trude Teige

02.08.2023, 15:45

Habe ich auch festgestellt und zudem, dass ich mir meine Zugangsdaten für TV-Wunschliste nicht korrekt notiert habe. :nono

Re: Trude Teige

06.09.2023, 15:52

"Als Großmutter im Regen tanzte" hat mir sehr gut gefallen, eins meiner Highlights in diesem Jahr.
Das Thema an sich interessiert mich ja schon seit ich als Teenager über die Geschichte von ABBA-Mitglied Frida gestolpert bin.
Neu war für mich aber das fürchterlich Schicksal der Stadt Demmin und seiner Bewohner. Davon hatte ich auch noch nie gehört.

Trotz der oft wirklich schwerverdaulichen Erlebnisse von Tekla und Juni, konnte ich das Buch kaum aus der Handlegen.

Re: Trude Teige

01.12.2023, 23:39

Fürs Osterkörbchen - ich bin gespannt und freue mich auf den neuen Roman:

Und Großvater atmete mit den Wellen

Überleben in dunklen Zeiten für Zukunft und Liebe

Ihr Großvater Konrad war immer der Fels in der Brandung für die junge Juni. Doch nie hat er von dem Ort gesprochen, der ihn am meisten geprägt hat. Erst jetzt erfährt Juni, wo ihr liebevoller Großvater gelernt hat, mit den Wellen zu atmen.

1943: Das Handelsschiff der Brüder Konrad und Sverre wird im Indischen Ozean angegriffen. Im Krankenhaus verliebt sich Konrad in die Krankenschwester Sigrid. Doch ihr Glück ist bedroht: Getrennt geraten sie in Gefangenschaft. Welche Zukunft wartet auf sie hinter dem Meer?

Ein Roman, der zeigt, was wahre Menschlichkeit bedeutet und wie uns die Vergangenheit prägt bis in die nächsten Generationen.

Die dramatische Geschichte von Konrad, dem Großvater aus »Als Großmutter im Regen tanzte«, erzählt von der Enkelin Juni. Eine große Fortsetzung, aber auch ganz unabhängig zu lesen.

Re: Trude Teige

13.04.2024, 21:57

Und Großvater atmete mit den Wellen

Nach der Leseprobe hatte ich etwas Respekt vor Trude Teiges neuem Roman. Die ersten Seiten führten auf ein Kriegsschiff im Indischen Ozean, auf dem Konrad mit seinem Bruder Dienst hat und welches angegriffen wird. Dann lernen mit Sigrid kennen, eine junge Krankenschwester auf Java. Kleine Ernüchterung, Norwegen spielt anscheinend nur eine kleine Rolle und ich bekam bald eine Ahnung, dass Konrads Geschichte auch sehr dramatisch werden kann.

Ich wusste, bzw. habe mich auch nie damit beschäftigt, wie es den Europäern rund um den Indischen Ozean in den Weltkriegsjahre ergangen ist. Hass herrschte und sie wurden in Lagern unter einfachen Bedingungen aufbewahrt. Ein Lichtblick sind immer wieder Menschen, die nationalitätenübergreifend Freundschaften schließen und Mitmenschlichkeit zeigen, die ein bisschen Freude verbreiten und Regeln lockern, Spaß und Freude ermöglichen.

Der neue Roman ist ein großartiger Pageturner mit vielen Kapiteln, die einfach zum Weiterlesen einladen. Nur am Ende, da will man nur noch langsam weiterlesen: Ich wollte nicht, dass das Buch endet. Es ist für mich eine beeindruckende Geschichte. Konrad und Sigrid sind warmherzige Menschen, die man schnell mag und mit ihnen leidet.

Großmutters Geschichte haben wir über zwei Zeitebenen erfahren. Enkelin Juni entdeckt die Wahrheit in der Gegenwart und wir Leser erleben durch Teklas Augen parallel ihre Geschichte. Großvaters Geschichte unterteilt sich in eine Sigrid und Konrad Erzählung und auch Sverre begleiten wir. Mit der Lektüre versteht man, warum Konrad Tekla und ihre Tochter „rettet“ und versteht die beiden Buchtitel.

Man kann sehr gut die beiden Romane von Trude Teige unabhängig voneinander lesen, allerdings geht es mir nun so, dass ich „Großmutter Teklas“ Geschichte, nun erneut lesen will. Ich weiß nicht mehr, ob in dem Roman eine entstandene Liebe des norwegischen Ehepaares thematisiert wird oder ob das Deutschenliebchen Tekla, von ihren Eltern, bei der Rückkehr nach Norwegen verstoßen wird. In Konrads Geschichte wird darauf nicht eingegangen. Hält Konrad Kontakt zu Sigrids und Sverres Familien?
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