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BeitragVerfasst: 19.03.2019, 10:12 
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aufmerksame Administratorin
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Ich lese gerade: Weihnachtsromane
Was uns erinnern lässt

1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.

2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.


Puh ... wie rezensiere ich dieses Buch ohne zu viel zu verraten? Es hat mich gefesselt und mitgenommen. Es hat mir gezeigt, dass für mich die DDR unheimlich weit weg war, da wir keinen Bezug zu ihr hatten. Es hinterlässt ein Gefühl von Traurigkeit und Wut in mir zurück. Wut auf ein Regime, dass so etwas zulassen kann, Traurigkeit wegen der vielen Schicksale, die so ungerecht verlaufen sind.

Während des Lesens hatte ich ziemlich Probleme mit dem Alter der Figuren. Milla muss um die zehn Jahre jünger als ich sein und Christine um die zehn älter und doch hatte ich das Empfinden, dass beide wesentlich älter sind. Vielleicht liegt es an dem "Weit-Weg-Sein", was die DDR für mich bedeutet. Dass sie einfach nicht präsent in meinen Gedanken ist und für mich einfach ein Stück Geschichte ist.

Die Geschichte um das Hotel Waldeshöh und ihre Bewohner beginnt Anfang der 40er - mitten im 2. Weltkrieg. Das Hotel liegt am Rennsteig in Thüringen und an der Grenze zu Bayern. Neben der alten Direktorin Marie, die nur noch eine kurze Rolle spielt, sind es vor allen Dingen Johanna und Arno, mit ihren Kindern Werner und Elvira und später dann die Schwiegertochter Gerda und die Enkel, die die Geschichte des Hotel Waldeshöh erzählen. Das Band zieht sich aus dem 2. Weltkrieg bis zum dem verhängnisvollen Tag im Sommer 1977. Dem Tag, der bei der Familie Dressel nur noch als davor und danach genannt wird.

Milla erzählt die Geschichte der Gegenwart und wie sie auf das Hotel Waldeshöh aufmerksam wird und beginnt den Faden zu packen und die Geschichte aufzurollen.

Ich finde die Geschichte sehr gut erzählt, fesselnd, beeindruckend und hinterlässt in mir einen sehr nachhaltigen Eindruck.

Den Spoiler solltet ihr wirklich nur lesen, wenn ihr das Buch NICHT lesen wollt, sonst nehmt ihr euch zu viel vorweg.

Die Wende, die diese Geschichte nimmt und wer am Ende die Familie "verraten" hat, finde ich spannend und ich kann Elvira noch nicht mal böse deswegen sein. Sie ist auch nur ein Kind des Regimes DDR und hat versucht das Beste für ihre Familie zu erreichen.

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Rabea
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BeitragVerfasst: 04.04.2019, 21:18 
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geniale Giraffe
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Ich lese gerade: **
Mir geht es mir dem Buch wie Rabea, es hat mich sehr gefesselt und mitgenommen und richtig wütend gemacht auf das Regime der DDR das seine Bürger so schlecht behandelt hat.
Die Grenze war für mich immer Irgendwie nur die Mauer in Berlin, über die Grüne Grenze und das schwierige Leben das die Leute dort gehabt haben habe ich mir bisher nie Gedanken gemacht.

Die Familie Dressel ist mir im Laufe des Buches so sehr ans Herz gewachsen und das Leben im Hotel Waldeshöh so schön beschrieben das ich am liebsten auch ein Familienmitglied werden würden.

Auf jeden Fall wird das Buch ein Jahreshighlight :yes

Und so ein bisschen verstehen kann ich Elvira auch, das Sie Ihre Familie verraten hat, die Absicht war sicherlich Irgendwie gut aber auch durch die Art des Umgangs bzw. der Umsiedlung ist es kein Wunder das die ganze Familie richtig traumatisiert wurde.

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BeitragVerfasst: 06.05.2019, 11:02 
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aufmerksame Administratorin
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Ich lese gerade: Isabel Allende "Der Wind kennt meinen Namen"
Ich habe das Buch jetzt auch gelesen und bin etwas zwiegespalten.
Das Unrechtsregime der DDR und welche Skrupellosigkeit da auch untereinander herrschte, ist das eine. So was zu lesen, verstört mich jedesmal.
Meine Schwierigkeiten hatte ich eher mit den Personen.
Milla konnte ich von Anfang bis Ende gar nicht einschätzen. Was da in ihrem Leben schief gelaufen ist, erfährt man ja auch nie, das wird immer nur angedeutet. Sich mit "lost places" zu beschäftigen finde ich allerdings auch ziemlich unheimlich und verstörend. Ich grusel mich halt nicht gern.

Auch mit der Familie Dressel habe ich Probleme. Ich verstehe einfach nicht, wie man über 30 Jahre hinweg so tun kann, als würde das Hotel am nächsten Tag wieder eröffnet. Es hat nie auch nur den Hauch eines Hinweises gegeben, dass das überhaupt zur Debatte steht. Im Gegenteil, die Einschränkungen mit denen die Familie in diesem Sperrgebiet leben musste, wurden immer größer. Trotz allem werden jeden Tag die Zimmer gerichtet, und zwar auf eine Weise, die die längst verstorbene Großmutter noch vorgegeben hat, daran müssen sich alle streng halten, die Kinder müssen sich auf engstem Raum beschränken, obwohl haufenweise Zimmer im Gebäude leerstehen, es wird renoviert und und und.
Egal, wie das Leben in der DDR war, hat man sich damit nicht auch irgendwie arrangiert und versucht das Beste daraus zu machen? Belügt man sich wirklich über 30 Jahre hinweg derartig selbst?

Welche Wendung die Geschichte nimmt, habe ich schon etwas früher vermutet. Dass es Siggi war, der die Familie denunziert hat, wäre einfach zu offensichtlich gewesen.

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BeitragVerfasst: 06.05.2019, 11:28 
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geniale Giraffe
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Ich lese gerade: **
Ich finde das immer total Interessant wie unterschiedlich ein Buch aufgenommen wird. Spannend das du das total anders siehst Ulrike :grins

Ich z.B. finde solche Lost Places auch Irgendwie faszinierend und spannend, nicht das ich mich selbst auf die Suche machen würde aber ich habe schon einige Dokus im Fernsehen und Beiträge auf YouTube gesehen, schon lange bevor ich das Buch gelesen habe.

Mit Milla gebe ich dir Recht, die Figur und Ihre Motive bleiben etwas blass bzw. werden nie so richtig erklärt, aber die Hauptpersonen waren für mich sowieso die Familie Dressel.

Klar habe ich mich auch beim Lesen mal gefragt warum man sich das weiterhin antut, aber die Verbundenheit zu Ihrer Heimat kann ich auch Irgendwie verstehen. Und natürlich haben sich alle mächtig einen vorgemacht was das Hotel angeht aber ich habe es so gesehen das das allen einen gewissen Trost und Sinn gegeben hat. Auch wenn das aus heutiger Sicht für uns beim Lesen keinen Sinn macht, aber im Buch macht das für mich schon Irgenwie Sinn bzw. kann ich es verstehen. :yes

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BeitragVerfasst: 30.07.2019, 11:18 
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korrespondierender Kaiserschnurrbarttarm
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Mir hat das Buch auch sehr gut gefallen und die Geschichte hat mich sehr gefesselt. Ich finde die DDR wurde bisher noch nicht genug thematisiert und viele wissen garnicht wie es war dort zu leben. Ich wusste überhaupt nicht wie das Leben im Grenzstreifen war und in welchem Zwiespalt manche Menschen dort gelebt haben.
Ich fand es schade, dass man nichts über das "Problem" in Millas Leben erfahren hat, aber im Laufe des Buches wurde sie für mich immer mehr eine Nebenfigur. Aber für mich wären solche Lost Places auch nichts.
Teilweise fand ich es schwer nachzuvollziehen, warum die Familie all diese Schwierigkeiten auf sich nimmt nur um in dem Wald zu leben. Deswegen habe ich Elviras Entscheidung auch gut verstanden
Christine wirkte auf mich irgenwie jünger als sie wohl tatsächlich ist, ich hätte sie so vom Gefühl her auf Mitte vierzig geschätzt :kopfkratz
Das Ende habe ich nicht wirklich vorausgesehen, aber ich habe nicht vermutet, das es Siggi sein könnte, das hat einfach nicht gepasst.

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LG Benita


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BeitragVerfasst: 08.06.2020, 14:22 
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geniale Giraffe
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Ich lese gerade: **
Januar 2021 wird es ein neues Buch von Kati Naumann geben:

Wo wir Kinder waren

Eva, Iris und Jan sind Erben der ehemals prächtigen Spielzeugfabrik Langbein in Sonneberg. In der Kaiserzeit gegründet, befand sie sich in der Weimarer Republik auf ihrem Höhepunkt, überstand zwei Kriege, deutsche Teilung und Verstaatlichung, nur um nach der Wiedervereinigung kläglich unterzugehen. Nun ist von der ehrbaren Langbein-Tradition nichts mehr übrig. Streit und Verbitterung haben sich auf die Hinterbliebenen übertragen. Doch als bei einer Internetauktion eine der seltenen Langbein-Puppen auftaucht - sorgfältig genäht und von ihrem Großvater persönlich bemalt -, rückt die verblasste Vergangenheit wieder heran und wirft unzählige Fragen auf: nach Schuld und Verlust, aber auch nach Hoffnung und Neubeginn.

Ich freue mich schon und habe es gleich mal vorbestellt :zwinkern

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BeitragVerfasst: 28.09.2020, 16:52 
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geniale Giraffe
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Ich lese gerade: **
In der ZDF Mediathek gibt es aktuell eine Doku

Bei 12:30 Minuten gibt es ein paar Minuten Interview mit Kati Naumann über Ihren Roman & Kindheit an der Grenze.

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