Berte-Bratt-Forum

Gehe hin, stelle einen Wächter von Harper Lee

Sensationeller Manuskriptfund - das literarische Ereignis im Sommer 2015
Harper Lee hat bisher nur einen Roman veröffentlicht, doch dieser hat der US-amerikanischen Schriftstellerin Weltruhm eingebracht: „Wer die Nachtigall stört“, erschienen 1960 und ein Jahr später mit dem renommierten Pulitzer-Preis ausgezeichnet, ist mit 40 Millionen verkauften Exemplaren und Übersetzungen in mehr als 40 Sprachen eines der meistgelesenen Bücher weltweit. Mit „Gehe hin, stelle einen Wächter“ – zeitlich vor „Wer die Nachtigall stört“ entstanden – erscheint nun das Erstlingswerk. Das Manuskript wurde nie veröffentlicht und galt als verschollen – bis es eine Freundin der inzwischen 89-jährigen Autorin im September 2014 fand.
In „Gehe hin, stelle einen Wächter“ treffen wir die geliebten Charaktere aus „Wer die Nachtigall stört“ wieder, 20 Jahre später: Eine inzwischen erwachsene Jean Louise Finch, „Scout“, kehrt zurück nach Maycomb und sieht sich in der kleinen Stadt in Alabama, die sie so geprägt hat, mit gesellschaftspolitischen Problemen konfrontiert, die nicht zuletzt auch ihr Verhältnis zu ihrem Vater Atticus infrage stellen.
Ein Roman über die turbulenten Ereignisse im Amerika der 1950er-Jahre, der zugleich ein faszinierend neues Licht auf den Klassiker wirft. Bewegend, humorvoll und überwältigend – ein Roman, der seinem Vorgänger in nichts nachsteht.

Weil "Wer die Nachtigall stört" schon eins meiner Lieblingsbücher ist, habe ich mir "Gehe hin und stelle einen Wächter" sofort als Hörbuch geholt. Angeblich hat eine Freundin von Harper Lee das verschollen geglaubte Manuskript jetzt erst entdeckt. Es sei zwar eine Fortsetzung des Erfolgsromanes "Wer die Nachtigall stört", wurde aber angeblich von Harper Lee VOR ihrem Welterfolg geschrieben.

Ich war riesig gespannt ... und bin enttäuscht. Entweder stimmt das Gerücht, dass Truman Capote (ein Jugenfreund von Harper Lee, im Buch der Nachbarsjunge "Dill") an dem Buch kräftig mitgeschrieben hat, oder HL ist mit "Wer die Nachtigall ... " weit über sich hinaus gewachsen ... oder die ganze Story ist erfunden!

Das neue Buch wirkt wie eine Fanfiktion. Im "Wächter", was angeblich vorher geschrieben wurde, Ereignisse aus der "Nachtigall" zu zitieren, ist bemüht, die Tatsache, dass manche Ereignisse leicht falsch dargestellt sind, soll Authentizität erzeugen - aber auf mich wirkt es, als hätte der/die SchreibeIn um die Ecke gedacht ohne zu bedenken, dass es Menschen gibt, die um zwei Ecken denken können.

Ich wollte es erst nach ca. der Hälfte abbrechen, habe durchgehalten ... und es entwickelt sich ein wenig. Gar so schlecht finde ich es jetzt doch nicht (ca. nach zwei Dritteln).

Trotdem bleibt der Eindruck, dass das Buch irgendwann jetzt geschrieben wurde und nicht vor dem anderen Buch. Auch wenn man die neue Version berücksichtigt, nachdem sie dieses Manuskript nicht einem Verlag verkaufen konnte sondern man ihr geraten hat, das Buch wegen der brisanten Thematik doch besser in den 30er Jahren anzusiedeln und die Kindheit der Protagonistin zu schildern ...

Hat das schon wer von euch gelesen? Mich würde eure Meinung dazu interessieren.

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Wenn du die Antwort weißt, ändert das Leben die Frage ...

Taki, ich habe mir das Buch heute geholt. Ich bin sehr gespannt, wie ich es finde.

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Liebe Grüße
Claudia


Wir haben einen Punkt erreicht, an dem die Menschen sich für Ruhe und weniger Arbeit entscheiden und sich wirklich fragen: Wofür ist das Leben da?
Und da kommen viele darauf, dass die Arbeit einen nicht zurückliebt und es an der Zeit ist, das Leben auf das auszurichten, was wir wirklich lohnend finden. - Devon Price

Ich auch! An dich habe ich natürlich sofort gedacht

Ich bin fast durch, das Buch seltsamt vor sich hin ... ich war noch nie so hin- und hergerissen bei einem Buch.

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Wenn du die Antwort weißt, ändert das Leben die Frage ...

Taki, ich habe es gerade fertig gelesen. Was meinst du denn jetzt dazu?

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Liebe Grüße
Claudia


Wir haben einen Punkt erreicht, an dem die Menschen sich für Ruhe und weniger Arbeit entscheiden und sich wirklich fragen: Wofür ist das Leben da?
Und da kommen viele darauf, dass die Arbeit einen nicht zurückliebt und es an der Zeit ist, das Leben auf das auszurichten, was wir wirklich lohnend finden. - Devon Price

Aber es fällt mir nach wie vor sehr schwer, die propagierte Entstehungsgeschichte zu glauben, dazu ist die Diskrepanz in der Qualität einfach zu groß - oder der Anteil Capotes an der Nachtigall ist so dominant?

Von der Handlung her ist es ja möglicherweise sogar interessanter und vielschichtiger und weniger Schwarz-Weiß als die Nachtigall (das ist übrigens das, was mich so misstrauisch macht, eine so aufgesetzt differenzierte Betrachtung der Situation ist mMn typisch für die 2010er Jahre aber sehr untypisch für die 50er. Der nachträgliche Sockelsturz von Atticus wirkt auf mich genauso so, wie ich es eben geschrieben habe - wie ein nachträglicher Sockelsturz.

Die Beschreibung der erwachsenen Scout wirkt bemüht (und auch irgendwie zu modern!) Das Mädchen Scout hat einen kompletten Charakter, durchkomponiert und schlüssig. Die erwachsene Jean Louise ist ein Zusammengestoppel der erwachsen gewordenen Kindereigentschaften von Scout. Absolut nicht glaubwürdig weil viel zu offensichtlich - wie überhaupt alle Charaktere total flach und eindimensional wirken, trotz ihre vermeintlichen Widersprüchlichkeiten.

Die zahlreichen Bezüge auf das frühere Buch (also, Nachtigall) wirken wie nachträgliche Bezüge (gerade eben auch die (bewussten?) Änderungen. Überhaupt ist es komisch, wie das ganze Buch auf die Handlung des alten Buches aufbaut - wo es doch angeblich davor geschrieben wurde?

Ich bleibe bei meinem ersten Eindruck, auch wenn das Buch im Mittelteil etwas bessser war als der Anfang vermittelte: Es wirkt wie eine Fanfiktion und reicht nicht im entferntesten an das Hauptwerk heran.

Edit: Claudia? Bin sehr gespannt auf deine Meinung
(Ich habe gerade mal nachgegoogelt - die Meinungen gehen insgesamt sehr auseinander, die Zeit lobt es überschwenglichst, andere sind eher so gespalten und suchen ... wie ich

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Ja, ich fand sie gut. Habe alle bei meiner Nachbarin geliehen, die auch ganz angetan von ihnen war.

@ Taki, Claudia: ich bin die dritte im Bunde bei Harper Lee. Die "Nachtigall " Liebe ich ja über alles, jetzt bin ich gespannt auf den Wächter

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Viele Grüsse

Wibke

Ich bin soo gespannt auf eure Meinungen. Claudia??? Ich warte :D

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Wibke, guck weg, erst das Buch lesen, ja?

Also: ich fand den "Wächter" nicht schlecht. Kein Vergleich mit der "Nachtigall", aber dennoch nicht schlecht. Ich fand es flüssig zu lesen und die Geschichte nicht uninteressant.

Es wäre kein Fehler gewesen, wenn ich z.B. über die amerikanische Verfassung ein bißchen was wissen würde, ich muß dringend mal den 10 Zusatz googeln.

Auch habe ich das Verhalten mancher Personen nicht ganz verstanden, z.b. das von Cal, als Scout sie zu Hause besucht. Ich verstehe auch nicht, warum sich Scout von Henry trennt. Okay, ich verstehe den wichtigsten Grund, sie liebt ihn nicht, aber warum es mit den beiden irgendwie ganz logisch nicht funktionieren kann, das verstehe ich nicht.

Und ich weiß auch nicht, inwiefern es für die Geschichte wichtig ist, daß Onkel Jack gesteht, Scouts Mutter geliebt zu haben. Hä? Tut das was zur Sache?

Gestern habe ich den neuen Rolling Stone bekommen. Darin wird das Buch knapp besprochen. Unter anderem heißt es da: Darin wird der einstige Held Atticus Finch als rassistischer Wendehals entlarvt und von dem Sockel gestoßen auf den ihn 40 Millionen Leser sowie Gregory Peck in der legendären Romanverfilmung gesetzt haben. GROßES HÄ? Hat der Rezensent ein anderes Buch gelesen als ich? Oder habe ich echt gar nichts verstanden?

Nun ja, auf jeden Fall lese ich im Moment von Alexandra Lavizzari "Glanz und Schatten. Truman Capote und Harper Lee. Eine Freundschaft". Ich wußte bisher ja gar nicht, daß die beiden befreundet waren. Die Harper Lee-Biografien "I am Scout" (Jugendbuch) und "Mockingbird" von Charles M. Shields gibt es wohl leider nicht in deutscher Übersetzung. Ob ich mal wieder was in Englisch lese? Damit tu ich mich leider immer schwer.

Bei Rowohlt gibt es die "Nachtigall" seit Juli als schöne gebundene Ausgabe in neuer Übersetzung. Ich glaube, die kaufe ich mir.

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Liebe Grüße
Claudia


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Hm, Cal dient zur Illustration, vermute ich mal - sie veranschaulicht den Wandel von Atticus.
Und die Trennung von Henk zeigt den wilden, unangepassten Charakter von Scout. Es würde nicht zu ihr passen, brav zu heiraten.

Das ist auch das, was ich so unauthentisch und konstruiert finde. Dass Scout sich nicht entwickelt sondern nur ihre Eigentschaften auf erwachsen getrimmt werden

Aber "I am Scout" würde ich echt gerne lesen. Seit Harry Potter bin ich gut trainiert was englisch lesen angeht ...

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Dann sag mir jetzt bitte mal deine Meinung zu Atticus. Ist er ein Rassist? Ist, wie ich auch schon als Vorwurf gelesen habe, das ganze Buch rassistisch? Nein, oder?

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Liebe Grüße
Claudia


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Macht doch einen Strang auf für das Buch.

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"Es gibt so viele Bücher, dass es keinen Sinn hat, welche zu lesen, die einen langweilen."

(Gabriel García Márquez)

Also - nein, das Buch ist entscheiden anti-rassistisch. Natürlich ist Scout auch hier ihr Alter Ego und bezieht Position und ist die Hauptfigur und auch eindeutig die Sympathieträgerin.
Atticus ist:
1. Aus heutiger Sicht ganz klar rassistisch.
2. Im Verständnis der 50er Jahre ist er es nicht. Natürlich ist er niemals einer, der sich dem Klu-Klux-Klan angeschlossen hätte - er sieht sich eher als der Wohltäter der dafür eintritt, der zwar klar der Meinung ist, dass Schwarze in Schach gehalten werden müssen, aber dass man durchaus was tun kann, damit sie vielleicht in 100 Jahren mal genauso "gut" sind wie die Weißen. Eine damals sicher sehr verbreitete und auch gebilligte Meinung. Das Buch spielt ja angeblich noch lange vor M.L. Kings Friedensmarsch. Außer Scout und Cal ist ja auch niemand enttäuscht von ihm, er ist hoch angesehen.

Aber hier wird mMn am deutlichsten verraten, dass das Buch eine fortsetzung ist und NICHT vorher geschrieben wurde - nur so wird Cals Enttäuschung überhaupt verständlich - wenn man die Nachtigall kennt. Ohne die Vorgeschichte macht das überhaupt keinen Sinn.

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Ja, gerne - Admins, könnt ihr das abtrennen? Ich glaube, das bietet noch Diskussionsstoff.

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Bitte stellt doch die Bücher, über die ihr intensiver sprechen möchtet, einfach vor.
Das erspart uns am Ende die Arbeit, die Kommentare zu den Leselisten auseinanderpflücken zu müssen.

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Liebe Grüße Ulrike
In einer Welt, in der du alles sein kannst: Sei freundlich!

Dankeschön.
Ja, sorry - das war eigentlich abzusehen, dass da mehr Wortmeldungen sein werden ...

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So, nun habe ich es auch gelesen.

Ich bin auch sehr hin- und hergerissen, fand es stellenweise richtig gut (da taucht auch immer mal wieder dieser ganz beiläufige Wortwitz auf, den ich bei der "Nachtigall" so gut finde) - dann auch wieder ganz schwer zu lesen und langatmig.

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Viele Grüsse

Wibke

Heute ist Harper Lee gestorben. Am 28. April wäre sie 90 Jahre alt geworden.

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Liebe Grüße
Claudia


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