Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut und war gespannt, lese ich doch immer wieder gerne autobiographische Texte. Allerdings hatte ich mir etwas mehr erwartet. Ungefähr zwei Drittel des Buches bestehen aus Abdrucken der Tagebuchseiten mit den eingeklebten Zeitungsausschnitten und deren Übersetzungen. Ein Drittel aus den Eintragungen Astrid Lindgrens. Gut, mehr hat sie nicht geschrieben, daher kann man da auch nicht mehr draus machen.
Ich habe das Buch gestern beendet. Was mich tatsächlich gestört hat, war der Aufbau des Buches. Das Buch ist in die einzelnen Kriegsjahre gegliedert. Jedes Kriegsjahr beginnt mit den Einträgen Astrid Lindgrens, darauf folgen die Abdrucke der Zeitungsausschnitte, dann deren Übersetzungen. Für mich war es dadurch schwierig den Lesefluss aufrecht zu erhalten. Man hat das Jahr ja schon einmal durch, dann fängt man nochmal von vorne mit den Übersetzungen an. Teilweise nimmt Astrid aber auch Bezug auf die Artikel, von daher fehlen diese auch im ersten Teil. Daher sollte man besser zwischendurch blättern, es gibt beim Tagebucheintrag auch einen Seitenverweis auf das Originaldokument, doch ganz entscheidend fehlt dort mir der Abdruck der Seitenzahl, wo die Übersetzung steht. Ein Großteil der Leser wird kein schwedisch verstehen und klar kann man etwas ableiten, doch genauso fehlt auch auf allen Faksimilieseiten die Angabe der Seitenzahl mit der Übersetzung! Das ist für mich ein großes Manko und der Verlag sollte dies bei einer Neuauflage unbedingt ergänzen.
Bei diesem Buch habe ich erstmals festgestellt, dass für diese Art des Buchaufbaus ein E-Book mit Verlinkungen sehr hilfreich sein kann. Natürlich hat A.L. viele interessante Dokumente in ihr Tagebuch eingeklebt, doch aufgrund dieses Buchaufbaus hat es mir Leseinteresse genommen. Mir wäre lieber gewesen, die Übersetzungen direkt zusammen mit den Eintragungen zu lesen, da hätte man immer alles zusammen gehabt. Ja, die Einteilung wurde vom schwedischen Verlag so übernommen. Es war sicher auch nicht einfach zu entscheiden, wie man es leserfreundlich darstellt, doch die verweisenden Seitenzahlen zu den Übersetzungen hat man völlig vergessen.
Die Einträge Astrid Lindgrens fand ich sehr interessant, die Zeitungsartikel teilweise. Lag wohl auch daran, dass sie dann etwas aus dem Zusammenhang gerissen waren. Sehr anschaulich schildert sie, wie gut es der Familie Lindgren und auch ihren Eltern während der unruhigen Zeiten ging und mir hat auch sehr gefallen, wie detailliert sie nicht nur die reichhaltigen Speisen und Getränke zu Festtagen aufzählt, sondern auch die Geschenke für Lars und Karin, inkl. Buchtiteln. Drollig, dass Karin zu drei Weihnachten Mary Poppins Bände bekommt, doch den ersten Band erst nach den anderen Teilen.
Auch ist natürlich faszinierend zu lesen, wie lang die Schweden im Unklaren waren, ob sie tatsächlich aus dem Kriegsgeschehen raus bleiben können. Sie beobachteten wie fast alle Länder Europas hineingezogen wurden, erkennen die Aussichtslosigkeit, sind aber nicht wirklich intensiv (Bomben, Hunger, Tod) betroffen. A.L. war aufgrund der damaligen Medien wirklich gut informiert und auch sehr interessiert die Ereignisse zu verfolgen und zu "verstehen".
Alles in allem ist es ein interessantes Buch. Auch wenn es sich in den Kriegstagebüchern in erster Linie um ihre Notizen zu den Kriegsgeschehnissen handelt, ist es hilfreich, wenn man sich auch früher schon einmal mit ihrem Leben etwas beschäftigt hat und ihre Biographie kennt. So kann man mit den Namen besser etwas anfangen, denn das Personenverzeichnis habe ich auch erst mit Buch beenden entdeckt. Vielleicht habe ich einen Hinweis auf dieses in der Einleitung auch überlesen.
Weil es ein Tagebuch ist, steht es uns nicht zu Wünsche zum Inhalt zu äußern, doch ich hätte mir gewünscht, dass A. L. in ihrem Tagebuch auch etwas geschrieben hätte, zu ihrem Gedankengang an den Schreibwettbewerben sich zu beteiligen. Sie hat in dieser Zeit an Pippi Langstrumpf, Britt-Mari und Kerstin gearbeitet. Hat man vielleicht solch persönliche Sachen auch rausgestrichen?
Zitat:
Zitat Ulrike: Durch die tageweise Unterteilung könnte man gut und gerne auch nur kurze Abschnitte lesen.
Das habe ich anders empfunden. Ich fühlte mich aufgrund des Aufbaus quasi gezwungen, ganze Jahre gleich zu lesen um drin zu bleiben. Ich hatte auch gedacht, dass ich bestimmt länger für das Buch benötige, doch die Zeitungsartikel hatte man schnell durchgeblättert und das an sich umfangreiche Buch war für mich dann überraschend schnell gelesen. Vielleicht nehme ich es noch einmal später zur Hand und kann mich hoffentlich mehr dafür begeistern.
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Liebe Grüße von Christiane
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"Wenn Du ein Buch auf eine Reise mitnimmst, dann geschieht etwas Seltsames. Das Buch wird anfangen, Deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst Du wieder dort sein, wo Du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Worten wird alles zurückkommen - die Bilder, die Gerüche, das Eis, das Du beim Lesen gegessen hast." Mortimer Folchart