Andrea Schacht: Das Spiel des Sängers
Burg Langel im ausgehenden Mittelalter. Seit dem gewaltsamen Tod des Burgherrn Eberhard ist die Lehensnachfolge ungeklärt, und Ritter Ulrich muss die Burg neu vergeben. Eine erlauchte Gesellschaft findet sich ein, und jeder von ihnen erhebt Anspruch auf das Lehen. Bis man sich einig wird, soll Minnesänger Hardo Lautenschläger des Abends für Unterhaltung sorgen. Niemand ahnt, welches Geheimnis Hardo mit Burg Langel verbindet – und mit der holden, aber spitzzüngigen Engelin van Dyke, die an Hardos abendlichen Gesängen so gar keinen Gefallen zu finden scheint …
Vor 10 Jahren wurde der Burgherr, Eberhart von Langel, heimtückisch ermordet. Die Verwaltung des Anwesens für den minderjährigen Sohn übernahm der Burgvogt Sigmund.
Nun hat der Erbe beschlossen, sich ins Kloster zurückzuziehen; das Lehen wird neu vergeben. Interessenten gibt es viele, darunter Casta, die Schwester des Erben, Lucas van Roide, ihr Cousin und der Kölner Kaufmann Hinrich von Dyke, der dem bischöflichen Stuhl diverse Darlehen gewährt hat und schon lange danach strebt, sich oder zumindest seine Tochter Engelin in den Adel aufnehmen zu lassen.
Der Gesandte des Lehensherren, Ulrich von den Arken, ein vom Leben gezeichneter Ritter, hat die Aufgabe, aus dieser Schar an Bewerbern die richtige Wahl zu treffen. Zu seiner Unterstützung und zur Unterhaltung der Gäste hat er den Minnesänger Meister Hardo Lautenschläger eingeladen, ebenfalls an diesem Treffen teilzunehmen.
Doch ist Hardo Lautenschläger wirklich so fremd auf Burg Langel, wie er es vorgibt zu sein? Warum wird schon am ersten Tag ein Anschlag auf ihn verübt? Was verbindet ihn mit Ida, der Frau des Burgvogts? Und was mit der schönen Jungfer Engelin?
Dann stürzt der Burgvogt von der Wehrmauer und stirbt. Was das ein Unfall? Selbstmord? Oder hat ihn etwa jemand gestoßen? Ulrich von Arken reagiert schnell. Er lässt das Burgtor schließen. Bis dieser Todesfall geklärt ist, darf niemand mehr die Burg verlassen. Für einige Tage ist die kleine Gemeinschaft nun ganz auf sich gestellt. Allianzen werden gebildet und Stück für Stück enthüllen die Gäste Teile ihres Charakters und ihrer Vergangenheit. Bald geht es nicht mehr nur um den Tod des Burgvogts. Sondern darum, wann, wo und wie Eberhart von Langel eigentlich sein Leben verlor.
Die Erzählperspektive des Buches ist ungewohnt eigenwillig. Hardo, der Minnesänger, erzählt in der Ich-Form. Außerdem trägt er der Gesellschaft jeden Abend eine Geschichte vor, die Geschichte eines Einfaltspinsels. Bald wird klar, dass er selbst dieser Simpel ist. Klar wird auch, dass er fast alle anwesenden Gäste schon vorher getroffen hat. Über die anderen Personen wird aus neutraler Erzählperspektive berichtet, Wissen aber immer nur stückweise freigegeben. Dadurch ergeben sich verschiedene Bilder, deren Zusammenhang nicht immer gleich ersichtlich ist. Erst am Schluss fügen sich die Puzzleteile zu einem Gesamtbild.
Schon lange habe ich kein Buch mehr mit ähnlichem Vergnügen gelesen. Frau Schacht hat einen lockeren, manchmal ein wenig ironischen, durchaus witzigen Schreibstil, sie erzählt ihre Geschichte ausführlich, doch ohne Längen. Die Sprache mag manchmal ein wenig modern sein, ebenso wie die Gedanken ihrer Darsteller, doch hat sie durchaus solide historische Kenntnisse und findet so eine gute Balance zwischen Anspruch und Unterhaltung. Eingewoben sind zwei Liebesgeschichten, die zu Herzen gehen, ohne allzu rührselig zu sein.
Mein Fazit: „Das Spiel des Sängers“ ist sicher keine ‚große‘ Literatur, aber eine großartige Unterhaltung.
Dieses Buch ist ein 'historischer Krimi', wenn ich also in dieser Kategorie für Frau Schacht ein eigenes Thema eröffnen soll, bitte Bescheid geben.
_________________ Liebe Grüße von Susanne
Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, "Wo kämen wir hin!" und niemand ginge um mal zu sehen, wohin man käme wenn man ginge. (gefunden in facebook)
|