Die Papierverschwörung
1719
London zu Beginn des 18. Jahrhunderts: Das neue Zauberwort ›Aktien‹ macht die Runde. Die Exchange Alley, Mutter der Wall Street, wird Schauplatz nie gekannter Eitelkeiten. Spekulanten und Glücksritter betreten das Parkett, und Tausende von naiven Geldanlegern folgen ihnen. Doch dann kommt es zur ›South Sea Bubble‹, dem ersten Börsencrash der Geschichte. Einige wenige haben sich gesundgestoßen, viele andere sind ruiniert. War Betrug im Spiel? Benjamin Weaver, ehemaliger Berufsboxer und schwarzes Schaf einer angesehenen Kaufmannsfamilie, will den Mord an seinem Vater aufklären – und kommt dabei einem riesigen Skandal um gefälschte Aktien auf die Spur …
Mit einer Krimi-Analyse von ZEIT-Autor Wolfgang Uchatius:
David Liss vermag es, in der ›Papierverschwörung‹ eine packende Krimihandlung zur Geschichtsstunde über die Anfangstage des modernen Aktienhandels und die absurden Verheißungen und Abgründe des schnellen Gewinns zu machen. In einem exklusiven Anhang zum Roman erläutert die ZEIT-Redaktion Roman und Realität in der ›Papierverschwörung‹ und zeigt die historischen und ökonomischen Hintergründe der ›South Sea Bubble‹ auf.
„Unser Feind besteht nur aus Papier. Das Verbrechen ist aus Papier, und der Verbrecher ist aus Papier. Allein die Opfer sind aus Fleisch und Blut.“
So spricht Benjamin Weaver, englischer Jude, ehemaliger Preisboxer und nun „… Beschützer, Wächter, Gerichtsbüttel, Mietwachtmeister und Diebesfänger …“; kurzum ein Detektiv im London des frühen 18. Jahrhunderts, der es versteht, sich mit Hilfe seines Verstandes und seiner Fäuste durchzuschlagen. Mit seiner wohlhabenden Familie hat er schon vor Jahren gebrochen und als ihm ein entfernter Bekannter glaubwürdige Hinweise darauf gibt, dass sein Vater ermordet wurde, zögert er noch eine ganze Weile, der Sache nachzugehen.
Schließlich aber stürzt er sich doch in Untersuchungen, die sich schnell zu einem undurchdringlichen Knäuel zu verwirren scheinen. Benjamin taucht ein in die verwirrende Welt des Aktienhandels, in die Rivalitäten zwischen der Bank of England und der South Sea Company. Seine Untersuchungen ähneln dabei einem Spiegellabyrinth, wie ein Blinder tappt er sich voran, wird behindert und bedroht, unterstützt, um dem Gegner einen Nachteil zu verschaffen und belogen, um seine Ermittlungen in eine bestimmte Richtung zu treiben.
Trotzdem gelingt es ihm schließlich, das Spiel zu durchschauen, zu verstehen, warum sein Vater sterben musste und den Mörder seiner Strafe zuzuführen. Zurück bleibt dennoch eine gewisse Ratlosigkeit: „Was aber würde passieren, …, wenn es gar kein Silber gäbe? Wann sämtliches Silber durch Wertpapiere ersetzt würde – also durch Versprechungen? Heute ist man daran gewöhnt, dass eine Banknote an die Stelle einer großen Geldsumme tritt. Vielleicht morgen schon könnte man vergessen, dass man jemals mit Papiergeld gehandelt hat. Wir tauschen Versprechen gegen Versprechen ein, ohne dass eines dieser Versprechen jemals erfüllt wird.“
Ich muss zugeben, ich habe lange gebraucht, dieses Buch zu lesen. Es ist gut geschrieben – wenngleich die Handlungsstränge ziemlich verworren sind – und Ben, der Ich-Erzähler ist eine sympathische Hauptfigur. Akteure und Geschichte allerdings erinnern mich viel zu sehr und immer wieder an unsere heutige Finanzwelt – in Zeiten von ESM und EURO-Krise für mich keine angenehme Assoziation.
Mein Fazit: kein schlechter Roman und besonders lesenwert für alle, die Interesse an Wirtschaftsgeschichte und den Anfängen des Aktienhandels haben.
Das Buch ist Teil der ZEIT-Edition „Historische Kriminalromane“ und mit einem Nachwort von Wolfgang Uchatius versehen.
_________________ Liebe Grüße von Susanne
Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, "Wo kämen wir hin!" und niemand ginge um mal zu sehen, wohin man käme wenn man ginge. (gefunden in facebook)
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