Northanger AbbeyDie siebzehnjährige Catherine Morland stellt sich zusammen mit ihren ihren Nachbarn, den Allans, den Gefahren von 6 Wochen im Kurbad Bath. 6 Wochen Einkaufen, 6 Wochen Bälle und 6 Wochen gesellschaftliche Intrigen und Fallstricke. Die ersten gesellschaftlichen Gehversuche des Teenager erweisen sich als eher schwierig und geprägt von Unsicherheiten. Schon bald jedoch schlicht Catherine Freundschaft mit der etwas älteren und deutlich erfahreneren Isabella Thorpe und dem vierundzwanzig Jahre alten Pfarrer Henry Tilney.
Wie es der Zufall will kennen Miss Thorpes und Miss Tilneys Brüder sich und natürlich interessiert sich Catherines Bruder James bald für Miss Thorpe und Isabella versucht Catherine mit ihrem Bruder zu verkuppeln, Catherine hingegen will nur einen: Henry.OK, klingt jetzt nicht so wirklich prickelnd und man fragt sich schon, warum ist diese Geschichte ein Schauerroman bzw. eine Satire.
Diese Geschichte ist eigentlich nur Staffage, der Hintergrund für Jane Austens bissige, treffende und mit gewetzter Feder geschriebene Abrechnung mit
1. dem Gesellschaftsromanen ihrer Zeit:
Gleich im ersten Kapitel werden alle gängigen Klischees des Genre mit Füßen getreten, durch den Kakao gezogen und dann noch mal rund gemacht.
"- what is more remarkable, with a good constitution. She had three sons before Catherine was born; and instead of dying in bringing the latter into the world, as anybody might expect, she still lived on - lived to have six children more - to see them growing up around her, and to enjoy excellent health herself."
Ihre Heldin ist eine klassische Antiheldin:
"the Morlands had little other right to the word, for they were in general very plain, and Catherine, for many years of her life, as plain as any. She had a thin awkward figure, a sallow skin without colour, dark lank hair, and strong features - so much for her person; and not less unpropitious for heroism seemed her mind. She was fond of all boy's plays,[...]"
2. den Vorurteilen der Männer über Frauen und der Vorurteile der Frauen über die Männer.
"no one can think more highly of the understanding of women than I do. In my opinion, nature has given them so much that they never find it necessary to use more than half."
"A woman especially, if she have the misfortune of knowing anything, should conceal it as well as she can."
3. mit dem Schauerromanen ihrer Zeit.
The Castle of Wolfenbach, Clermont, The Mysterious Warning, The Necromancer, The Midnight Bell, The Orphan of the Rhine, Horrid Mysteries und natürlich The Mysteries of Udolpho
Und was die Titel angeht, die könnten aus dem Lyx Verlag stammen. So reißerisch und nichtssagend sind sie auch heute noch.
"To suppose that a manuscript of many generations back could have remained undiscovered in a room such as that, so modern, so habitable!"
"all the dirty work of the house was to be done by two pair of female hands at the utmost. How they could get through it all had often amazed Mrs. Allen; and, when Catherine saw what was necessary here, she began to be amazed herself."
Sie schreckt sogar nicht vor prangern mit Namensnennung von Kolleginen nicht zurück!
"Charming as were all Mrs. Radcliffe's works, and charming even as were the works of all her imitators, it was not in them perhaps that human nature, at least in the Midland counties of England, was to be looked for. Of the Alps and Pyrenees, with their pine forests and their vices, they might give a faithful delineation; and Italy, Switzerland, and the south of France might be as fruitful in horrors as they were there represented."
4. Austens Sprache ist undamenhaft:
"Oh! D-- it,"
Heutzutage würde Miss Austen wohl schreiben f*, that's f* brilliant and you're a f* good buddy, for f* sake. Und sie verwendet das böse d Wort mindestens genauso häufig, wie wir heutzutage das f Wort
Austen schrieb den Roman mit Anfang 20. Sie war von der gängigen Literatur wohl ziemlich angegrätzt, heutzutage hätte sie wohl Satiren auf die Vampirhysterie geschrieben mit spitzer Feder und viel Sarkasmus. Northanger Abbey wurde 1797-98 unter anderem Titel geschrieben und um 1803 noch einmal überarbeitet und an den Verlag Crosbie & Co. verkauft, der es 1816 an die Familie zurück verkaufte, die es 1818 posthum beim Verlag John Murray veröffentlichte.
Es wundert nicht, dass das Buch zunächst nicht veröffentlicht wurde, der Verleger hatte wohl Angst. Er hat es gekauft, weil er Austens Humor und Ansichten wohl zustimmte, der Markt wäre aber wohl eher klein gewesen, was diese Satire angeht, anders als heute, wo viele Twilight hassen.
Das Buch hat durchaus einige Schwächen im Aufbau. Es teilt sich in gewisser Weise in drei Teile. Die erste Hälfte ist bissig, witzig, sarkastisch, eine bitterböse Abrechnung jagt die nächste. Danach kommen einige Kapitel, die sich ein wenig ziehen, es werden Intrigen gesponnen, aber viel passiert nicht. Ab der Reise nach Northanger Abbey werden dann die typischen Klischees der Gothic Schauerromane kritisch hinterfragt und belächelt. Mir gefiel eindeutig die erste Hälfte am besten, danach ließ das Buch für meinen Geschmack stark nach, dennoch absolut lesenswert und extrem unterhaltsam.
4,5* (0,5 Abzug wegen einiger Längen)
http://www.gutenberg.org/ebooks/121