„Adressat unbekannt", erstmals 1938 im New Yorker "Story Magazine" veröffentlicht, ist ein literarisches Meisterwerk von beklemmender Aktualität. Gestaltet als Briefwechsel zwischen einem Deutschen und einem amerikanischen Juden in den Jahren 1933/34, zeichnet dieser kurze Roman in bewegender Schlichtheit die dramatische Entwicklung einer Freundschaft. Der Text wurde 1938 als Fortsetzung in einer Zeitschrift veröffentlicht, geriet dann über sechzig Jahre lang in Vergessenheit. Eine Geschichte mit Konflikt, Verrat und Rache. Ausgezeichnet konstruiert und interessant zu lesen. Ein schmales Buechlein von kaum 50 Seiten, das man schnell gelesen hat, doch es wirkt nach. Als unkommentierter Briefwechsel abgefasst, zusammengesetzt aus 19 fiktiven Briefen, zieht das Buch den Leser schnell in seinen Bann. Sicher auch als Schullektüre geeignet.
Leider nimmt das Vorwort von Elke Heidenreich die Pointe des Buches vorweg. Besser nicht vor dem Haupttext lesen!!! Dies stellte ich fest und „zwang“ jetzt meinen Vater es auch zu lesen, leider vergaß ich ihm den Vorwort-nicht-zuerst-lesen-Rat zu geben.
(Ich dachte, dieser Beitrag stände hier bereits... egal:)
Die Geschichte wurde erstmals 1938 im New Yorker "Story Magazine" veröffentlicht. Beeindruckend, welche Weitsicht die Autorin schon hatte! Gestaltet als Briefwechsel zwischen einem Deutschen und einem amerikanischen Juden, zeichnet dieser kurze Roman in bewegender Schlichtheit die dramatische Entwicklung einer Freundschaft unter dem Einfluss der Nazis.
In Deutschland wurde die Geschichte, die 1939 dann als Buch herauskam, verboten, und erst 2000 erschien eine deutsche Übersetzung.
Es handelt sich hier nur um ein schmales Büchlein (61 schnell durchgelesene Seiten), aber WOW, was für Seiten! Kostet nur 4,95 Euro.
Ja, das weiß ich ja mit den Briefromanen, ich dachte nur, wir hätten das schon hier als Thema (sonst hätte ich es ja bei den Briefromanen ausführlich vorgestellt). Habe aber eben bei meiner Suche festgestellt, dass das Thema nicht mehr existiert und es deshalb von meinem Blog rüberkopiert.
Ich habe es gestern abend gelesen und ich kann gar nicht richtig beschreiben, wie ich mich dabei gefühlt habe. Unglauben, Wut, Angst und am Ende auch ein klein wenig Schadenfreude, ich muss es ja zugeben. Die Zusammenfassung von Elke Heidenreich am Ende hat alles nochmal gut wiedergegeben wie ich es nicht hätte besser ausdrücken können.
Für mich auf jeden Fall ein Buch, das als Schullektüre infrage kommen sollte!
Mich hat dieses Buch auch sehr beeindruckt und ich werde es definitiv mal als Schullektüre verwenden. Das passt meiner Meinung nach gut in die 9. Klasse, ist schnell gelesen und bietet wahnsinnig viele Ansatzpunkte. Da freu ich mich schon fast wieder auf den Schuldienst (in gut zwei Jahren...)!
Danke an Ulrike, die es mir möglich gemacht hat, ‚Adressat unbekannt’ zu lesen.
Leider hat mir das Buch nicht wirklich gefallen. Die Geschichte ist mir zu kurz, zu platt, zu klischeehaft. Da im Folgenden ein paar Spoiler beinhaltet sein könnten, hier meine Anmerkungen mit „Leseschutz“.
Die Charaktere sind reichlich schwarz-weiß dargestellt, Eisenstein, der amerikanische Kunsthändler, ist intelligent, kultiviert, großzügig; seine Schwester Griselle, Schauspielerin, ist begabt, mutig und leidenschaftlich. Schulse ist dumm, feige und ein Ehebrecher, Elsa das typische Heimchen am Herd.
Die am Anfang beschworene Freundschaft verliert sich so schnell, dass sie nie wirklich vorhanden hat sein können.
Sehr unglaubwürdig wirkt auf mich die Geschichte von Griselle. Diese erklärt im Herbst 1933 (!) auf der Bühne, sie sei Jüdin und stolz darauf, woraufhin sie das Publikum aus dem Theater jagt. Sie muss sich in einem Keller verstecken und dann nach Wien zurückkehren – wohlgemerkt, nicht mit dem Zug, sondern ganz dramatisch zu Fuß. Warum sie sich nicht an das amerikanische Konsulat in Berlin wendet bleibt offen. Auf dem Weg nach Wien kommt sie bei Schulse vorbei, die SA ist ihr schon auf den Fersen (Warum eigentlich?) und schlägt sie direkt auf Schulses Grundstück tot (Wiederum: Warum eigentlich? Wir haben Herbst 1933 …).
Eisensteins Rache folgt auf dem Fuß, er kompromittiert seinen Partner bei der Gestapo, so dass dieser von der Bildfläche verschwindet – der nächste Brief kommt zurück mit dem Vermerk „Adressat unbekannt“. Pech für die Elsa Schulse und ihre Söhne, die (Stichwort „Sippenhaft“) offenbar auch ins KZ gebracht wurden, denn sonst hätte der Brief ja zugestellt werden können … Fazit: Der Rache ist Genüge getan und wenn es ein paar Unschuldige erwischt hat – sind ja ohnehin nur ‚Nazibälger’.
Demzufolge finde ich auch das Vor-/Nachwort von Frau Heidenreich nicht ganz passend. Ich möchte die ‚Kraft des Wortes’ nicht anzweifeln, wohl aber ihre Aussage, dass jeder dieses Buch lesen sollte und dass Deutschland ein besseres Land wäre, hätte jeder dieses Buch gelesen. Deutschland braucht eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus, eine Diskussion über Ausgrenzung, Hass und Vorurteile und darüber, wohin das führen kann. „Adressat unbekannt“ ist mir ein wenig zu klischeebehaftet, um diesen Anspruch zu erfüllen.
Ich habe das Buch jetzt auch gelesen und bin etwas zwiegespalten: Einerseits finde ich das Ende sehr frisch, interessant und unerwartet. Andererseits konnte ich mich mit den Charakteren nicht richtig anfreunden, denn sie waren mir einfach nicht sympathisch (auch nicht am Anfang). Außerdem vollzog sich für mich Martins Wandel viel zu schnell. Und Susannes Frage zu Elsas Schicksal und das ihrer Kinder habe ich mir auch gestellt.