In den letzten Wochen habe ich endlich einmal „Die Bernsteinsucherin“ und „Die Bernsteinheilerin“ vom SUB befreit. Das „Marzipanmädchen“ wartet darauf auch schon seit Jahren. Vier der Regionalromane, die Lena seitdem sie an der Ostsee wohnt, geschrieben hat, kenne ich auch. Diese recht dünnen Gegenwartsromane konnten mich alle nicht begeistern, doch vielleicht verkaufen sie sich besser und der geringere Recherche- und Schreibaufwand werden besser belohnt. Die hatte ich mir auch alle "nur" im Urlaub ausgeliehen.
„Die Bernsteinsucherin“ Mit einem Prolog, der über 200 Jahre vor der eigentlichen Geschichte spannend in das Buch einführt, bekam ich einen ersten Einblick in den harten Alltag eines Bernsteinfischers an der Königsberger Küste. Damals war das Behalten von gesammelten Bernstein verboten und wurde mit dem Tode bestraft. Doch so wurde ein wunderschöner Bernstein mit einer eingeschlossenen Eidechse zu einem Familienerbstück.
Anfang des 19. Jahrhunderts steigen wir dann in das Geschehen ein. Carsten Thurau und seine Frau gehören durch ihren Weinhandel zu der oberen Schicht der Lübecker. Leider können sie keine eigenen Kinder bekommen und so ist das Baby, das ihnen vor die Tür gelegt wird, ihnen so lieb wie eine eigene Tochter. Femke ist etwas anders als andere Kinder. Sie hat keine Freunde und erst der Bernsteindreher Meister Delius weckt in ihr eine Begabung, die sie durch ihr Leben begleiten soll. Doch Napoleon treibt in Europa sein Unwesen und so kommt der Krieg auch nach Lübeck.
Lena Johannson hat es geschafft, mich mit ihrem Stil in ihren Bann zu ziehen. Die Geschichte des Bernsteins, die Märchen um seine Entstehung und dazu die Kulisse des historischen Lübecks waren wunderbare Zutaten in einem historischen Roman, den ich gern gelesen habe. Die vielen Nebenfiguren, die jedoch allesamt liebevoll gezeichnet waren und dazu der historische Hintergund, wie u.a. die Gründung des Seebads Travemünde, waren Lesevergnügen. Auch die Schilderung der Belagerung Lübecks durch die französischen Truppen war gut gelöst. Nicht zuviel Schlachtgetümmel, sondern eher die Beschreibung der Auswirkungen auf die Bevölkerung haben keine Langeweile aufkommen lassen. Kleines Manko war der Schluss, den ich mir noch ausführlicher gewünscht hätte.
„Die Bernsteinheilerin“ Kurzbeschreibung: Lübeck zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die kleine Johanna wächst bei -ihren Großeltern auf. Von ihren Eltern weiß sie nicht viel, nur dass die Mutter Femke- wenige Tage nach Johannas Geburt gestorben ist. Nun soll Johanna eine Ausbildung als Bernsteinschnitzerin machen und versteht absolut nicht, warum sie als Mädchen in eine handwerkliche Lehre gehen muss. Hat das -etwas mit dem geheimnisvollen Bernsteinanhänger zu tun, den ihr die Mutter hinterließ?
Johanna soll bei ihrem Verwandten in Stolp das Bernsteinschnitzen lernen. Doch sie ist leider nicht so begabt wie ihre Mutter, daher ist sie mit dem Beruf auch sehr unglücklich. Durch die Freundschaft zum Apotheker Marcus Runge wird sie mit Heilmitteln konfrontiert. Dies macht ihr viel Spaß und so behandelt sie dann ihren Großvater als sie wieder zuhause in Lübeck ist. Als dies bekannt wird, kommen immer mehr Menschen zu ihr und wollen von ihr behandelt werden, sehr zum Ärger vieler Ärzte. Dann kommt es zu einem Unfall und alle wenden sich gegen Johanna, bis ihre Unschuld bewiesen wird. Der Wunsch ihres Großvaters ist es, das sie sich mit dem Sohn seines langjährigen Geschäftspartners verlobt und ihm nach Frankreich folgt. Johanna folgt dieser Bitte gerne, da sie sich in Luis verliebt hat. Doch dieser hat noch eine andere Vision und solange er diese hat möchte er nicht heiraten. Durch Johannes Nebbien, den Vertrauten ihrer Mutter, hofft Johanna mehr über ihren leiblichen Vater zu erfahren und reist mit ihm nach Paris auf der Suche nach dem Vater.
Um dieses Buch zu lesen, muss man den ersten Teil nicht gelesen haben. Durch kleine Einfügungen von Femke Thurau, Johannes Nebbien und Jan Delius wird man doch etwas, aus der Zeit zwischen beiden Büchern informiert. Diese Rückblenden zu Femke machten das Buch für mich rund.
Die Atmosphäre des Buches ist wunderschön, und auch die handelnden Personen sind sehr gut beschrieben. Mir haben besonders gut die Entwicklungen Johannas gefallen, die sich nicht in die Rolle der erfolglosen Bernsteinschnitzerin hat zwängen lassen, was durchaus eine Alternative aus der Zeit gewesen wäre, sondern über den Kontakt zum Apotheker ihren eigenen Weg gefunden hat.
Die Zeit, die in Deutschland spielt, hat mir besser als die französische Zeit gefallen, bei den Witwen war Johanna m. M. n. gut aufgehoben, als Revolutionärin konnte ich sie mir nicht ganz so vorstellen, auch wenn sie hauptsächlich helfen und ihren Verlobten begleiten wollte.
Nebeneffekt: Ich selber mag Bernstein sehr gern und die Lektüre hat bei mir auch dazu geführt, diese Schmuckstücke vermehrt wieder zu tragen. Es sind aber keine Erbstücke.
_________________ Liebe Grüße von Christiane *********************************** "Wenn Du ein Buch auf eine Reise mitnimmst, dann geschieht etwas Seltsames. Das Buch wird anfangen, Deine Erinnerungen zu sammeln. Du wirst es später nur aufschlagen müssen und schon wirst Du wieder dort sein, wo Du zuerst darin gelesen hast. Schon mit den ersten Worten wird alles zurückkommen - die Bilder, die Gerüche, das Eis, das Du beim Lesen gegessen hast." Mortimer Folchart
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