Arkadien erwacht Die Siebzehnjährige New Yorkerin Rosa Alcantara reist nach Sizilien zu ihrer Großmutter, um einen Neuanfang zu machen. Vor einem Jahr passierte etwas, was ihr Leben veränderte, und nun will sie nur noch eines: vergessen, ein neues Leben anfangen, ein neuer Mensch werden. Sizilien ist dafür jedoch der denkbar schlechteste Ort, denn auch wenn Rosa nie mit den Geschäften ihrer Familie zu tun hatte, und in sehr bescheidenen Verhältnissen in der Bronx aufwuchs, ist sie auf Sizilien die Enkelin des Capo des Alcantara Clans, eines der großen Mafia Clans der Insel. Schon Bald wird ihr Leben zu einem drittklassigen Actionfilm: Bikinimädchen mit Maschinenpistolen. Mafiosi mit verspiegelten Sonnenbrillen. Hubschrauberpiloten in Kunstlederjacken' und Cut. Dann ist da aber auch Alessandro Carnevare, den sie im Flugzeug kennengelernt hat. Erbe und Capo des Carnevare Clans, der seit Generationen seine Feindschaft zu den Alcantaras pflegt, und den Rosa liebt und der wiederum auch Rosa liebt. Ist Alessando all das wert? Die Geheimnisse, die Löcher in der Menge, Tabula, und den hungrigen Mann?
Klingt erst mal ein wenig kitschig, nach der üblichen Teenieromanze mit Romeo und Julia Touch. Ja, Rosa und Alessandro kommen aus verfeindeten Familien, die nicht erbaut sind über ihre Beziehung, was in diesem Fall egal ist, denn Rosa und Alessandro gehen, wenn auch teils eher unfreiwillig, über Leichen. Insgesamt eine wirklich gute Grundidee (bis auf den ausgelutschten Romeo und Julia Part), die noch durch fantastische Elemente bereichert wird. Die Mafiaclans Siziliens stammen teilweise von den Arkadiern ab. König Lykaon war in der griechischen Mythologie König Arkadiens und Sohn des Pelasgos. Nach Pausanias wurde Lykaon von Zeus verflucht, sich in einen Wolf zu verwandeln nachdem er auf dem Altar des Gottes Zeus ein Kind opferte und da hatte Zeus schon mal schlechte Erfahrungen gemacht, und fand es so gar nicht witzig Menschenfleisch vorgesetzt zu bekommen. Das noch gewürzt mit einer äußerst geheimen Geheimorganisation Namens Tabula, mysteriösen Löchern in der Menge und dem hungrigen Mann und schon ist der Grundplot ausgespannt.
Rosa ist, obwohl von einem Mann erfunden und beschrieben, ein wunderbarer weiblicher Antiheld mit vielen Ecken und Kanten. Sie klaut, trägt schwarz, gibt nichts auf Mode und hat ein dunkles Geheimnis, dass ihr einige Monate Psychotherapie einbrachte.
Alessandro hingegen hat für mich zu wenig Ecken ist zu sehr der feuchte Teenietraum. Ja, er hat das schmutzige Geschäft seines Vaters geerbt, der sein Geld hauptsächlich damit machte, die Leichen der Anderen Clans in seinen Bauwerken einzubetonieren. Aber Stellen wie "Sie beobachtete ihn im Gehen von der Seite, sein makelloses Profil, seinen geschmeidigen Gang. (S. 222)" Sind und bleiben absolut realitätsfern, wenn es um 17 Jährige männliche Teenager geht (teils noch 10 Jahre später). Schon erstaunlich, dass der Autor eine Frau besser charakterisieren kann, als seinen männlichen Helden, wo er sämtliche Klischees aus der Mottenkiste holt. Fehlt nur noch, dass Alessandro glitzert.
Auch werden hier, ähnlich wie bei Twilight, züchtige erotische Phantasien bedient (ja, auch die beiden können erst mal keinen Sex haben), die sich bei näherem Hinblicken als gar nicht so züchtig und teilweise eher unfreiwillig komisch erweisen. Im Kapitel "Dunkelkuss" träumt Rosa von Alessandro in seiner Panthergestallt, wie sein Fell ihre Haut streift, "jede ihrer Poren atmete seine Nähe, er füllte sie aus mit seiner Anwesenheit" (ziemlich zweideutig, grenzt schon an Sodomie). Es wird aber noch besser "Er strich nun mit seiner Zunge über ihren Körper, rau und warm und geschmeidig, leckte ihr den Schweiß von der Haut, hinauf zu ihren Achseln und wieder abwärts. Sie spürte sein animalisches Katzenschlecken in ihrem Bauchnabel, auf jeder ihrer Rippen, an Schultern und Brustwarzen (S. 217)." Erotische Szenen sind definitiv nicht die Stärke des Autors, und zum Glück verschont er einen später auch mit weiteren Versuchen.
Man lernt nebenbei viel über die Vegetation, Topografie, Speisen und einige Sehenswürdigkeiten Siziliens.
Flüchtigkeitsfehler: S. 134: Er (Alessandro) berührte ihre (Rosas) Hand an der Gangschaltung ... Aber S. 219 wird lang und breit darauf herumgeritten, dass sie nur Automatikautos fahren kann (Amigöre halt). S. 196 geht nur die Mailbox dran, während einige Seiten vorher die Nummer abgeschaltet war.
Fazit: Guter Grundplot, der sich nicht auf den derzeitig komplett ausgelatschten Formwandlerpfaden wandelt, sondern sich wie bei Rick Riordans Büchern auf antike Wurzeln besinnt, diese mit ein wenig Verschwörungstheorie würzt und als Zuckerguss für die weibliche Leserschaft eine Liebesgeschichte. Alcantara ist für mich übrigens ein Micorfaserbezug für Polstermöbel, ein wirklich seltsamer Nachname. ****
Arkadien brennt Februar. 4 Monate sind vergangen, seit Rosa nach Sizilien kam und nun ist sie auf dem Weg zurück nach NY. Floh sie damals vor der Vergangenheit nach Sizilien, so ist sie diesmal auf der Flucht vor der Gegenwart. Als ihre Schwester Zoe in ihren Armen gestorben war, hatte Rosa ihr etwas versprechen müssen. Sie würde herausfinden, in welcher Beziehung ihr toter Vater Davide zu Tabula gestanden hatte, jener mysteriösen Organisation, die im Verborgenen Krieg gegen die Arkadischen Dynastien führte. Der Einzige Anknüpfungspunkt jedoch ist ausgerechnet Rosas Mutter, mit der sie nicht im Guten geschieden war. Kaum in NY angekommen, wird Rosa jedoch von ihrer Vergangenheit eingeholt, die sie in NY zurückgelassen hatte. Was geschah auf der Halloweenparty vor 2 Jahren und warum war Alessandro auch dort?
Zwei Teenager spielen Mafia. Allessandro und Rosa sind nun beide Chefs ihres Klans und haben natürlich politisch korrekte Skrupel. Natürlich stoßen die beiden die wirklich fiesen Geschäftsteile ab und versuchen so, die Mafia zu reformieren. Ein wenig unglaubwürdig ist das schon und es wirkt teilweise schon ein wenig bemüht, wie Rosa versucht, hinter die Geschäfte ihrer Großmutter zu kommen, und den Anwalt der Familie unter Kontrolle zu bekommen. Darum geht es aber in dieser Geschichte auch nicht. In diesem Band nehmen die fantastischen Elemente den Hauptteil der Geschichte ein, die Verschwörungstheorien um den hungrigen Mann und dazu noch eine Priese Relic Hunter mit antiker Schatzjagd unter Wasser. Dazu kommen noch ein paar echt fiese Geheimnisse der Urgroßmutter, die eine spezielle Sammelleidenschaft hatte und ein paar leider doch ein wenig vorhersehbarer Wendungen, die dennoch recht gut gemacht sind. Erneut hat der Autor die Örtlichkeiten gut Recherchiert, wie in NY die Ghost Bikes und Läden wie Gothic Renaissance, auch Sizilien scheint er bereist zu haben. Was nervt ist, dass der Autor glaubt, dass er sich dem gängigen Trend des Freund anhimmelns anschließen müsste, um Erfolg zu haben. "Selbst erschöpft sah er noch unverschämt gut aus, auch weil seine grünen Augen die Blässe mühelos überstrahlten; S. 142" und die verliebten SMS Gespräche am Anfang des Buches sind echt grässlich. Schon bald jedoch scheint der Autor zum Glück der Meinung zu sein, diesen Klischees genüge getan zu haben, und besinnt sich auf seine Stärken: Geheimnisse, Verschwörungen und Action. Dabei waren alle Hinweise bereits im ersten Band gegeben und man hat streckenweise das Gefühl, dass hier die Handlung gestreckt wurde, um auf 3 Bände zu kommen, denn die im ersten Band angesprochenen Löcher in der Menge, der hungrige Mann und Tabula müssen in Gewisser Weise erst mal der Erforschung von Rosas Trauma weichen und dem Sortieren ihrer Geschäfte. Der Hauptkronzeuge der Hauptgeheimnisse wurde ja im ersten Band wirkungsvoll auf Eis gelegt. Der Autor erspart dem Leser diesmal versuche erotischer Beschreibungen, und ja, diesmal dürfen sie.
Ähnlich wie bei Fitzek begegnet man auch in diesem Band einer der früheren Protagonisten aus einer anderen Reihe, ein kleines Cross-over, das vielleicht noch ausgebaut werden wird, passen würde es.
Fazit: Rasant und Spannend, wenn auch recht vorhersehbar. *****
Arkadien fällt Rosa hat den Drogenhandel ihrer Leute gestoppt, sie hat die Geschäfte mit den afrikanischen Flüchtlingen auf Lampedusa auffliegen lassen und zumindest versucht den Waffenhandel einzuschränken. Aus ihrer Sicht, legitime Entscheidungen des Clanoberhaupts. Für ihre Familie jedoch Verrat. Alessandro geht es nicht besser. Nachdem er den lukrativsten Zweig seiner Familiengeschäfte abgestoßen hat, die Leichenbeiseitigung, hat auch er massive Probleme mit seiner Gefolgschaft bzw. deren Treue zu ihm. Sie sind mittlerweile der der Meinung, dass der Feind des Feindes ein Freund ist. So kommt es zu einem neuen Konkordat zwischen Lamien und Panthera, denn in einem sind sich die Dynastien einig: Rosa und Alessandro müssen verschwinden und der Status Quo wiederhergestellt werden. Gejagt von der Polizei wegen eines Mordes den sie nicht begangen haben, gejagt von den Dynastien und dem hungrigen Mann, gibt keinen Ort mehr, an dem sich Rosa und Alessandro verstecken können. Schon bald weiß Rosa, warum sich Florinda vor Vögeln fürchtete und die Nester verbrennen ließ.
Kai Meyer gehört zu den wenigen Autoren, die es noch schaffen einen Vielleser wie mich mit logisch nachvollziehbaren Plotwendungen zu überraschen. Teils gelingt ihm durch Verschweigen von Fakten, die die Protagonisten einfach nicht kennen und die somit auch dem Leser unbekannt sind, teils indem er mit Erwartungen spielt. Allesandro und Rosa erforschen dabei die Geschichte der Dynastien und ihre eigene Vergangenheit, während sie sich auf der Flucht befinden. Ja, es gibt ein wenig große Liebe, Zweisamkeit und Andeutungen von Beischlaf, aber zum Glück alles unaufdringlich und dezent. Hier geht es nicht um eine nervige Teenieliebesschmonzette, die ist nur Beiwerk um weibliche Leser zu ködern, sondern um eine Actiongeladene Fantasygeschichte. Dennoch wimmelt es in diesem Buch von einigen Klischees, die die Geschichte teils schon ein wenig unglaubwürdig machen. Die Auffindung des verrückten Wissenschaftlers, der natürlich ein enttäuschter Nobelpreisanwerter sein muss. Jeder Wissenschaftler träumt natürlich in seiner Studentenzeit mal davon den Nobelpreis zu erhalten, sobald man jedoch beim Postdoc angekommen ist, hat sich das erledigt und wird durch Realismus und die Angst um das nächste Gehalt abgelöst. Des Weiteren wird die Art biologisch wie folgt definiert: Arten sind Gruppen von Populationen, deren Individuen von anderen durch genetische Kreuzungsbarrieren isoliert sind. Verschiedene Arten können somit nicht miteinander gekreuzt werden. OK, darüber kann man hinwegsehen, es ist ja ein Fantasybuch und Gestaltwandler gibt es ja auch nicht. Aber es stimmt definitiv nicht, dass Wissenschaftler immer und nur weiße Kittel tragen, das ist ein Gerücht. Meist tragen sie die Kittel nur weil das Labor wieder einmal nicht geheizt ist, weil die Uni Heizkosten sparen will, dann aber tragen auch die Sekretärinnen Kittel (ich spreche da aus leidvoller Erfahrung). Nicht umsonst gehen vor einer Sicherheitsbegehung E-Mails herum, in denen man daran erinnert wird, einen Kittel am Tag der Begehung zu tragen. Weiße Overalls (S. 348) werden schon mal gar nicht getragen, das tragen nur Malermeister, aber keine Wissenschaftler. Ich persönlich bin ja der Meinung, die Löcher in der Menge entstehen durch Hydranten und Blumentöpfe, um die die Menge herumgeht, die aber auf den Fotos nicht zu sehen sind. *****
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