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BeitragVerfasst: 20.02.2007, 18:41 
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Ich lese gerade: Isabel Allende "Der Wind kennt meinen Namen"
Erstellt von Lucia am Mittwoch, August 30, 2006 @ 19:34:05:

Es gibt ja schon einige Beiträge zu dem Thema, und da andere schon einiges dazu ins Forum gestellt haben, will ich euch meine Ergebnisse nicht vorenthalten. Ich habe für meine Fachbereichsarbeit drei Ausgaben von Nesthäkchen im Kinderheim miteinander verglichen. Das Kapitel stelle ich jetzt hier rein:

Die Bearbeitungen von Nesthäkchen im Kinderheim
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Meidinger-Verlag, bei dem die meisten Bücher von Else Ury erschienen waren, zwangsaufgelöst. Nach dem Krieg kaufte der Hoch-Verlag die Rechte an der Nesthäkchen-Serie, ließ sie bearbeiten (von Maria Schlatter) und die Bände, mit Ausnahme von Nesthäkchen und der Weltkrieg ab 1950 erscheinen.
Seit den 70er-Jahren gibt es noch eine leicht modifizierte Bearbeitung, die aber angeblich kaum Unterschiede zu der von Maria Schlatter aufweist. 1983 erschien eine Sonderausgabe vom Tosa-Verlag, zwei Sammelbände, die alle Einzelbände gekürzt enthalten, vermutlich in der Version der 70er-Jahre.
1988 übernahm der Thienemann-Verlag den Hoch-Verlag. 1997 erschienen sämtliche Nesthäkchen-Bände in neuer Ausgabe (und Bearbeitung).
Für den folgenden Vergleich habe ich folgende Ausgaben verwendet:
Eine Ausgabe des Meidinger-Verlags von 1922 (Im Folgenden abgekürzt mit IIIa)
Den Sammelband vom Tosa-Verlag (1983), der vermutlich die Version der 70er-Jahre verwendet (Im Folgenden abgekürzt mit IIIb)
und eine Ausgabe des Thienemann-Verlags von 1999.

Mehrere Bearbeitungsformen sind zu nennen:

Formale Bearbeitungen
Im Original sind wesentlich mehr Zeilenumbrüche vorhanden.
In den Meidinger-Ausgaben waren immer einige bunte Illustrationen enthalten; die späteren Verlage verzichteten auf diesen Luxus.

Sprachliche Anpassungen an die heutige Zeit
Am Anfang des 20. Jahrhunderts war die Sprache natürlich ein bisschen anders als heute, was weitgehend angepasst wurde.
Bei der Vorvergangenheit im Relativsatz fehlt häufig das heute obligatorische „hatte“. „War das nicht der große braune Affe, den sie neulich im zoologischen Garten gesehen?“ (S. 18 IIIa)
Nesthäkchen spricht ihren Vater im Original oft mit „Vatchen“ an. Dem Bearbeiter erschien das wohl ein bisschen zu kindlich, daher wurde „Vati“ daraus.
Ebenso werden die „Mädel“ zu „Mädchen“.
Das Kindermädchen, im Original nur als „Fräulein“ bezeichnet, wird – etwas persönlicher – zu „Fräulein Lena“.
Heute schwer bis nicht mehr verständliche Ausdrücke werden ersetzt:
„Die kleine, eitle Evastochter war bereit, mit ins Kinderheim zu gehen, nur um ihr süßes neues Köfferchen vor den neuen Freundinnen auspacken zu können.“ (S. 88 IIIa)
Da die wenigsten heutigen Kinder wissen dürften, was mit einer Evastochter gemeint ist, wird daraus „Das kleine, eitle Fräulein…“ (S. 90)
Manchmal wirkt Else Urys Sprache einfach zu kitschig für die heutige Zeit.
„Aber heute – die goldenen Strahlenbeinchen der Sonne vollführten einen Luftsprung vor Freude – heute hatte die Annemarie zum erstenmal ihre Blauaugen geöffnet.“ (S. 23 IIIa)
wird abgemildert zu: „Aber heute – die goldenen Strahlen der Sonne tanzten vor Freude – heute hatte Annemarie zum ersten mal ihre blauen Augen geöffnet.“ (S. 25)
Ebenso wird „Ach, war das schön auf der sonnigen Gotteswelt!“ (S. 37 IIIa) zu „Ach, war das schön auf der sonnigen Welt!“ 39
Der „Lenz“ wird zum „Frühling“.
Interessant ist auch die andere Bedeutung mancher Wörter:
„Nie hatte sie zu hoffen gewagt, jemals so glücklich zu sein, selbst durch eine solche Tür gehen zu dürfen.“ (S. 86 IIIa)
Man fragt sich, ob Annemarie sich wirklich kein größeres Glück vorstellen kann, als durch eine Drehtür zu gehen. Liest man allerdings die Bearbeitung, wird die Sache klarer:
„Nie hatte sie zu hoffen gewagt jemals das Glück zu haben selbst durch eine solche Tür gehen zu dürfen.“ (S. 58)
Offenbar wurde „glücklich sein“ damals in der selben Bedeutung wie „Glück haben“ verwendet. Im Englischen bedeutet „to be lucky“ noch immer genau das.

Inhaltliche Anpassungen an die heutige Zeit
Die zehnjährige Annemarie ging 1914 in die achte Klasse – heute geht sie in die dritte. Offenbar wurden damals die Klassenstufen anders gezählt – vielleicht rückwärts.
Dass das Leben damals noch etwas anders war als heute, fällt häufig unter den Tisch:
„Die beiden kleinen Freundinnen überschritten, rechts und links nach Wagen und Automobilen Ausschau haltend, den großen Platz mit der schönen Kirche.“ (S. 13 IIIa)
Offenbar um die Geschichte „aktuell“ zu halten, werden (Pferde)wagen und Automobile einfach zum „Verkehr“: „…rechts und links nach dem Verkehr Ausschau haltend…“ (S. 15)
Dass da kein heutiges Kind an Pferdewagen und nur vereinzelte Autos denkt, mag wohl beabsichtigt sein. Und hier wird gar eine Droschke zu einem Auto:
„Aber als Annemarie, ihre Gerda auf dem Arm, erst neben Vater in der Droschke saß...“ (S. 40 IIIa)
„Aber als Annemarie, ihre Gerda auf dem Arm, erst neben Vater im Auto saß…“ (S. 42)
Seltsam ist die folgende Stelle:
„Die gute Großmama […] schenkte ihr einen Phonographen. Die drolligsten Walzen hatte sie dazu ausgesucht, um ihrem Herzblatt die Zeit zu vertreiben.“ (S. 31 IIIa)
Da kein Kind mehr weiß, was ein Phonograph ist, sah man sich genötigt, eine Änderung vorzunehmen: „Die gute Großmama […] schenkte ihr eine Spieluhr. Die drolligsten Melodien hatte sie dazu ausgesucht, um ihrem Herzblatt die Zeit zu vertreiben.“ (S. 34)
Ob allerdings jedes Kind im Zeitalter des CD-Players weiß, was eine Spieluhr ist…
Bezüge zur Gegenwart für die damaligen Leser gehen komplett verloren:
„Es war ein nicht allzu großer Garten, der zu der Klinik gehörte, wie man sie noch vereinzelt im alten Westen Berlins findet.“ (S. 37 IIIa)
Die fett markierte Stelle fehlt in der Bearbeitung. Das ist jedoch durchaus verständlich, was sollte ein heutiger Leser auch damit anfangen.
Noch mehrere Stellen, die ein bisschen mehr vom damaligen Alltag vermitteln, gehen verloren:
„Wir haben nun schon alles mögliche angewandt: Hämatogen und Sanatogen, Malzextrakt und Kiefernadelbäder, aber ich sehe noch keinen rechten Erfolg.“ (S. 42/43 IIIa) wird schlicht zu
„Wir haben nun schon alles Mögliche angewandt, aber ich sehe noch keinen rechten Erfolg.“ (S. 45)
Da wenig Gefahr besteht, dass heutige Leser diese Methoden nachmachen, wäre es durchaus nicht nötig gewesen, uns diesen Einblick in die damalige Medizin vorzuenthalten. Außerdem bestünde ja noch die Möglichkeit, in einer Fußnote zu erklären, was Hämatogen und Sanatogen sind und warum sie sich nicht durchgesetzt haben.

Historische Bezüge werden weggelassen oder gar verändert.
Während Annemaries Aufenthalt in Wittdün kündigt die Prinzessin ihren Besuch an. Um welche Prinzessin es sich dabei aber handelt, da gehen Original und Bearbeitungen auseinander:
„Ihre Hoheit die Prinzessin Heinrich hat ihren Besuch in Wittdün angemeldet.“ (S. 119 IIIa)
Mit „Prinzessin Heinrich“ ist die Gemahlin von Prinz Heinrich von Preußen (Bruder von Wilhelm II), Prinzessin Irene Maria Luise Anna von Hessen gemeint. In der Bearbeitung aus den 70er-Jahren lautet die Stelle:
„Ihre Majestät die junge Königin von Dänemark, die sich mit ihrer Jacht auf einer kleinen Seereise befindet, hat ihren Besuch in Wittdün angemeldet.“ (S. 184 IIIb)
Preußen gibt es nicht mehr, daher muss die Prinzessin von woanders kommen. Dänemark ist ganz nahe, daher scheint es plausibel. Sogar eine Erklärung, wie die dänische Prinzessin nach Wittdün kommt, gibt es. Diese fällt in der Ausgabe der 90er-Jahre aber weg: „Ihre Hoheit die Prinzessin von Dänemark hat ihren Besuch in Wittdün angemeldet.“ (S. 121) Die dazugedichtete Erklärung erschien dem Bearbeiter vielleicht doch ein zu großer Eingriff, aus Dänemark jedoch kommt sie weiterhin, denn die Prinzessin Heinrich hätte zumindest eine erklärende Fußnote erfordert. Warum dann aber die folgende Stelle zurückgeändert wurde, ist rätselhaft: Ein Mädchen aus dem Kinderheim kommt aus Stettin. Seit dem Zweiten Weltkrieg liegt das in Polen, daher kommt sie in der Ausgabe der 70er-Jahre aus Kiel. In den 90er-Jahren aber wieder aus Stettin. Aber nicht einmal der Hoch-Verlag ist konsequent mit solchen Änderungen vorgegangen. Ein anderes Mädchen kommt nämlich aus Breslau – in allen drei Versionen.

Dort hatten unter dem Triumphbogen aus Tannengrün, mit Fahnen und dem preußischen Adler als Banner in der Mitte, die Frauen und Mädchen der Insel im Feststaat Aufstellung genommen. Ein wunderschönes Bild gaben die stattlichen, blauäugigen germanischen Gestalten mit ihren reichen, blonden Haaren unter dem kleidsamen Häubchen… (S. 122 IIIa)

Dort hatten unter dem Triumphbogen aus Tannengrün, mit Fahnen und dem rotweißen Banner Dänemarks in der Mitte, die Frauen und Mädchen der Insel im Feststaat Aufstellung genommen. Ein wunderschönes Bild gaben die stattlichen, blauäugigen germanischen Gestalten mit ihren reichen blonden Haaren unter dem kleidsamen Häubchen… (S. 186 IIIb)
Konsequent ist, dass der preußische Adler zum dänischen Banner wird. Allerdings mutet es seltsam an, dass die „stattlichen germanischen Gestalten“ nach dem Zweiten Weltkrieg so stehen bleiben. Seltsame Kriterien für die Bearbeitung… Anscheinend waren die Menschen noch in den 70er-Jahren so an diese Einteilung der Menschen gewöhnt, dass sie daran nichts Rassistisches gesehen haben. Denn vor dem Krieg war diese jahrzehntelang alltäglich. Selbst bei Thomas Mann sehnt sich Tonio Kröger (1903 erschienen) nach „dieser lichten, stahlblauäugigen und blondhaarigen Art, die eine Vorstellung von Reinheit, Ungetrübtheit, Heiterkeit und einer zugleich stolzen und schlichten, unberührbaren Sprödigkeit hervorrief…“
Heutzutage hingegen springt einem dieser Ausdruck sofort ins Auge, daher wurde auch diese Stelle angepasst:
Dort hatten unter dem Triumphbogen aus Tannengrün die Frauen und Mädchen der Insel im Feststaat Aufstellung genommen. Die blonden Haare unter den kleidsamen Häubchen, […] gaben ein wunderschönes Bild. (S. 124)
Es gibt weder eine preußische noch eine dänische Fahne.

Alle Stellen, die auf den damals alltäglichen Militarismus anspielen, werden bis zu den 70er-Jahren restlos getilgt. Einzig im zweiten Band (der wohl nicht so gründlich durchgesehen wurde) finden sich noch folgende zwei Stellen:
„Fräulein hatte inzwischen Annemaries neue Schulbücher mit feinem, dunkelblauem Papierkleide versehen und weiße Etiketten mit dem Namen draufgeklebt.
,Wie die Soldaten sehen sie in ihrer blauen Uniform aus!’ begeisterte sich Nesthäkchen.“ (S. 20 II)
und
„Von der Turnstunde war unser Wildfang ebenfalls sehr entzückt. Die kleinen Rekruten waren schon ganz forsch einexerziert.“ (S. 83 II)
Der dritte Band scheint aber noch gründlicher bearbeitet worden zu sein, denn da finden sich absolut gar keine solchen Stellen mehr, obwohl sie im Original reichlich vorhanden sind:
„,Helgoland ist eine starke Seefestung mit Kanonen, falls es mal mit England Krieg geben sollte’, erzählte Frau Doktor Braun ihrem Nesthäkchen.“ (S. 64 IIIa)
Diese Erklärung fehlt in der Bearbeitung.
Das Spielzimmer im Kinderheim sieht folgendermaßen aus:
„Die eine Ecke des Zimmers gehörte den Puppen, die zweite dem Militär. Bleiregimenter aller Gattungen waren dort aufmarschiert. In der dritten Ecke sah man in einem Regal Gesellschaftsspiele aufgestapelt…“ (S. 79 IIIa)
In den 90er-Jahren hat es sich verändert:
„Die eine Ecke des Zimmers gehörte den Puppen, daneben sah man in einem Regal Gesellschaftsspiele aufgestapelt…“ (S. 82)
Der Bearbeiter hat seine Aufgabe stellenweise etwas zu ernst genommen. Nicht einmal
„Bald standen die Schuhe und Stiefel wie die Soldaten in Reih und Glied…“ (S. 115 IIIa)
kann so stehen bleiben, es wird zu „Bald standen die Schuhe und Stiefel in einer Reihe…“ (S. 118)
Was doch etwas übertrieben ist, denn solche Vergleiche werden durchaus heute noch verwendet.
Verständlicher ist folgende Stelle:
Peter schlägt zum Empfang der Prinzessin vor:
„…mit unseren Trompeten müssen wir ,Heil dir im Siegerkranz’ blasen“ (S. 119 IIIa)
Das doch etwas extreme „Heil dir im Siegerkranz“ wird zu einem „Willkommensmarsch“.

Für das Kinderfest schmücken alle Kinder ihre Sandburgen:
Da sah man einen Zeppelin aus Muscheln, ein Torpedoboot mit Kanonen, ein Segelschiff und ein Flottenbild. Nanu, was bauten denn Gretchen und Elschen, die beiden kleinen Berlinerinnen, da drüben? […] Herrjeh – das wurde ja der Struwwelpeter, nein, war das aber ulkig! (S. 169 IIIa)
Das Torpedoboot mit Kanonen steht hier ganz selbstverständlich neben dem Struwwelpeter. In der Bearbeitung fehlt es aber natürlich.

Stellen, die den Krieg betreffen
Hier muss unterschieden werden zwischen Stellen, die den Krieg nur näher beschreiben, und Stellen, die ihn verherrlichen. In den Bearbeitungen, besonders in der späteren, ist beides verschwunden.

Hier sind die Bearbeiter wieder sehr unterschiedlich vorgegangen.
Auch unter den erwachsenen Badegästen am Strande und auf der sogenannten „Trampelbahn“ sah man aufgeregte, eifrig beratende Gruppen. Aber deren Überlegungen galten nicht dem Kinderfest und dem Burgenwettbewerb. Die waren ernsterer Natur.
Österreich hatte Serbien den Krieg erklärt. Das brachte die Gemüter in Aufruhr. Oder vielmehr die Möglichkeit, daß Deutschland als Österreichs Bundesgenosse, falls Rußland feindlich vorging, in den Krieg mit hineingezogen werden könnte. Sollte man abreisen oder bleiben – keiner wußte, was das Richtige war.
Die spielenden Kinder unten am Strande ahnten nichts von der Gefahr, die ihrem Vaterlande drohte. (S. 168 IIIa)
Die Erklärung, was Deutschland mit dem Krieg zu tun hat, geht verloren. Stattdessen gibt es „Grenzzwischenfälle“.
Auch unter den erwachsenen Badegästen am Strande und auf der sogenannten „Trampelbahn“ sah man aufgeregte, eifrig beratende Gruppen. Aber deren Überlegungen galten nicht dem Kinderfest und dem Burgenwettbewerb. Die waren ernsterer Natur.
Grenzzwischenfälle verdichteten das Gerücht eines bevorstehenden Krieges. Sollte man abreisen oder bleiben – keiner wußte, was das Richtige war. (S. 208 IIIb)
Und hier darf der Leser ganz allein die Zusammenhänge erraten. Erst im nächsten Absatz ist von der Kriegsgefahr die Rede.
Auch unter den erwachsenen Badegästen am Strand und auf der sogenannten „Trampelbahn“, der Strandpromenade, sah man aufgeregte, eifrig beratende Gruppen. Aber deren Überlegungen galten nicht dem Kinderfest und dem Burgenwettbewerb. Die waren ernsterer Natur.
Die spielenden Kinder unten am Strand ahnten nichts von der Gefahr, die drohte. (S. 171)

Unterschiedlich bewertet werden auch die Reaktionen:
„Zuerst waren es nur die ganz ängstlichen Gemüter, die Reißaus nahmen.“ (S. 168 IIIa)
Genauso lautet die Version der 70er-Jahre.
In den 90er-Jahren wird der Aussage das Negative genommen: „Zuerst waren es nur die ganz Vorsichtigen, die abreisten.“ (S. 171)

Der Krieg ist schon ziemlich sicher und die meisten Badegäste sind abgereist.
Am Nachmittag ging Tante Lenchen mit Annemarie baden. Die Badezeiten wechselten täglich mit der Flut. Eine seltsame, schwefelgelbe Beleuchtung lag über dem Meer, gelbbraun rollten die Wogen daher.
Sie waren die einzigen im Wasser – kein Mensch weit und breit zu erblicken.
„Sieh mal, Kind, dort hinten am Horizont, taucht wieder das schwarze Torpedoboot auf, das ich euch schon öfters gezeigt – siehst du – dort, das ist ein Kriegsschiff“, Tante Lenchen wies über das schäumende Meer.
Die in den Wellen herumplätschernde Annemarie, der es in dem vereinsamten Damenbad etwas ungemütlich war, blickte in die angegebene Richtung.
„Tante Lenchen – Tante Lenchen – das Torpedoboot ist eben untergegangen – es ist spurlos in den Wellen versunken“, rief die Kleine aufgeregt.
Tatsächlich – das eben noch deutlich sichtbare schmale Schiff war plötzlich wie von den Wassern verschlungen.
„Dann ist es sicher ein Unterseeboot gewesen, Annemarie, das untertauchen und stundenlang unter dem Wasser, ohne daß man es sieht, dahinfahren kann. Als Waffe im Seekriege hat man die Unterseeboote erfunden, Gott gebe, daß wir sie nicht gebrauchen!“
„Tante Lenchen, ich graule mich – ich will raus aus dem Wasser“, Doktors Nesthäkchen wurde es mit einem Male ganz unheimlich zumute. (S. 177/178 IIIa)

Warum die Stelle mit dem U-Boot der Zensur zum Opfer fällt, ist mir ebenfalls nicht klar. Diese Stelle kann beim besten Willen nicht als kriegsverherrlichend angesehen werden, im Gegenteil – Tante Lenchen sagt ausdrücklich, sie hoffe, dass die Waffe nicht zum Einsatz kommt.
In der Bearbeitung ergibt die Stelle noch dazu keinen Sinn – Annemarie grault sich, weil niemand im Wasser ist – das ist nicht wirklich nachvollziehbar.

Es sind aber auch vaterlandsverherrlichende Stellen enthalten.
Am Vorabend des Kinderfestes bittet Nesthäkchen Gerdas Mutter, ob Gerda nicht doch noch zum Kinderfest bleiben kann. Deren Antwort in der Version der 90er-Jahre: „Ja, mein Herzchen, der Krieg fragt leider nicht nach Kinderfest und Kinderwünschen“. (S. 173)
Da glaubt man, Gerdas Mutter findet es tragisch, dass selbst die Feste unschuldiger Kinder durch den Krieg zerstört werden. In der Ausgabe der 70er-Jahre spricht sie allerdings weiter:
“Ich wollte auch, die Abreise wäre nicht nötig. Aber wenn es sein muß, wenn der Krieg unabwendbar ist, da müssen alle persönlichen Wünsche schweigen. Das könnt ihr Kinder, so jung ihr seid, auch schon begreifen. Die Großen wie die Kleinen müssen in solcher Zeit Opfer bringen“.(S. 209 IIIb)
Und schon ist der Sinn ein ganz anderer. Im Original wird dies sogar noch deutlicher:
„Ich wollte auch, die Abreise wäre nicht nötig. Aber wenn es sein muß, wenn der Krieg unabwendbar ist, da müssen alle persönlichen Wünsche schweigen. Da dürfen wir nur an das Wohl unseres teuren Vaterlandes denken. Das könnt ihr Kinder, so jung ihr seid, auch schon begreifen. Die Großen wie die Kleinen müssen in solcher Zeit Opfer bringen.“ (S. 170 IIIa)

Nesthäkchen erwidert:
„Ja, aber – aber ich habe doch dann gar keine beste Freundin mehr hier im Kinderheim, wenn Sie mir die Gerda wegnehmen!“ Jetzt ließen sich Annemaries Tränen nicht länger zurückhalten. […] Nein – solch ein großes Opfer konnte selbst das Vaterland nicht von ihr verlangen! (S. 171 IIIa)
Dieser letzte Satz, der in der Bearbeitung natürlich nicht vorhanden ist, zeigt sehr schön den Konflikt, den viele Menschen damals gehabt haben müssen. Noch ist Annemarie das eigene Wohl wichtiger als das des Vaterlands, noch ist sie nicht manipuliert genug, obwohl alle schon begeistert Deutschlandlieder singen:
Als es dämmerte, erhielt jedes Kind eine bunte Stocklaterne. Und nun fand der Fackelzug mit Musik statt. Wie eine Kette von Leuchtkäferchen, so schlängelte es sich durch die Straßen Wittdüns den Strand entlang. Allerlei Volkslieder spielte die Kapelle auf, und hell fielen die jungen Stimmen ein. Zuletzt erschallte es „Deutschland, Deutschland über alles“ – die Klänge verschmolzen mit dem ewigen Lied des brausenden Meeres.
„Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“ – würde es nötig sein, daß sich ganz Deutschland zu Schutz und Trutze brüderlich gegen den drohenden Feind zusammenschloß? So fragte sich manch banges Herz an diesem friedlichen, in purpurner Schönheit ersterbenden Juliabend am Nordseestrand. (S. 175 IIIa)
Es versteht sich von selbst, dass die fett markierten Zeilen der Zensur zum Opfer fielen.

Auf der Heimfahrt im Zug:
Am Nordostkanal tauchten die ersten Feldgrauen auf.
„Schau, Kind, das sind unsere braven Truppen, welche unsere Grenzen vor dem einbrechenden Feind schützen sollen“, machte der alte Herr Annemarie aufmerksam. (S. 185 IIIa)
In der Ausgabe der 70er-Jahre lautet die Stelle:
„Am Nordostseekanal tauchten die ersten Soldaten auf.“ (S. 215 IIIb)
In der Ausgabe der 90er-Jahre fehlt sie ganz.

Eine ganz krasse Sinnveränderung bildet das Ende des Bandes.
Vom königlichen Schloß und von den Linden her wälzten sich ungeheure Menschenmassen, hurrarufend und Vaterlandslieder singend, die Straßen entlang.
Die Kriegserklärung gegen Rußland war soeben bekannt gegeben, der Kaiser hatte sein Volk zu den Waffen gerufen. In jubelnder Begeisterung erhob sich jung und alt, das Vaterland vor einer Welt von Feinden zu beschützen.
Unter brausenden Hurrarufen hielt Doktors Nesthäkchen nach einem Jahr wieder seinen Einzug in seiner Heimatstadt.
Mit großen Augen sah es die glühende Begeisterung rings. So jung Annemarie auch war, die Größe dieser gewaltigen Stunde offenbarte sich auch ihr, blieb ihr unvergeßlich für ihr ganzes Leben. (S. 186 IIIa)
wird zu
Vom Königlichen Schloss und von den Linden her wälzten sich ungeheure Menschenmassen die Straße entlang. Mit großen Augen sah Annemarie dem Treiben zu. (S. 187)
und in der Ausgabe der 70er-Jahre noch deutlicher ins Gegenteil verkehrt zu
In den Straßen sahen sie aufgeregte Menschengruppen, die sich vor den Zeitungsanschlägen zusammenballten.
Die Kriegserklärung war soeben bekanntgegeben worden. Beklommen und schweigsam fuhren die drei ihrem Ziele zu. Was würde nun werden? (S. 216 IIIb)

Nun schlief Doktors Nesthäkchen zum erstenmal wieder in der Heimat neben der Großmama. Und in seine Träume klangen heute statt des Brausens des Meeres, das sie ein ganzes Jahr lang in den Schlaf gesungen, die brausenden Vaterlandslieder des sich erhebenden deutschen Volkes. (S. 188 IIIa)
zu
Nun schlief Nesthäkchen zum ersten Mal wieder in der Heimat neben der
Großmama. In seine Träume klang noch das Brausen des Meeres. (S. 189)
Und die Schlussbotschaft entfällt ganz:
Nesthäkchen, zeige auch du dich jetzt würdig der gewaltigen Zeit. Keiner ist zu klein dazu, um an dem großen Werke mitzuhelfen. Opfer verlangt der Krieg von jedem – wie unser Nesthäkchen dieselben ertragen, das erzähle ich euch im nächsten Band." (S. 188 IIIa)

Der Hoch-Verlag hat außerdem an das Ende ein zusätzliches Kapitel Kriegszeit angefügt, das den vierten Band zusammenfasst. Der Thienemann-Verlag hat darauf verzichtet.

Kommentar zu den Bearbeitungen
Stellenweise hat der Text der Bearbeitungen nur sehr wenig mit Else Urys Originaltext zu tun. Ich persönlich stehe den Bearbeitungen sehr kritisch gegenüber. Die sprachlichen Veränderungen sind aus meiner Sicht noch akzeptabel, der Text wurde an eine neue Zielgruppe angepasst, die einige Schwierigkeiten haben dürfte, die altertümliche Ausdrucksweise zu verstehen. Natürlich hätten auch hier Fußnoten Abhilfe schaffen können.
Warum jedoch beim Inhalt so viel verändert wurde, ist mir persönlich ganz und gar unverständlich. Es geht doch bei jeder Lektüre auch darum, etwas daraus zu lernen. Und da bietet Nesthäkchen für mitdenkende Leser eine tolle Gelegenheit. In diesem Fall vermittelt uns Nesthäkchen ein Bild aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, das uns selbst der beste Geschichtsunterricht nicht geben kann. Ein Bild vom alltäglichen Leben der Menschen, aber auch von ihrer mentalen Einstellung.
Zumindest bot das die unbearbeitete Fassung. Die Bearbeitung hingegen legt keinen Wert darauf. Der Verlag scheint seine Aufgabe aber nicht darin zu sehen, ein authentisches Zeitdokument zu vermitteln, sondern ein Kinderbuch zu schaffen, das von unter 10jährigen Kindern ohne Nachdenken und Nachfragen verstanden werden kann. Und das ist sehr schade.
Jedes Kind weiß, dass es Autos noch nicht ewig gibt. Wenn also ganz selbstverständlich von Autos die Rede ist, wo im Original Pferdedroschke steht, wird ein heutiges Kind wohl kaum auf die Idee kommen, dass die Geschichte am Anfang des 20. Jahrhunderts spielt. Kein Wunder also, dass ich, als ich Nesthäkchen im Kinderheim im Alter von etwa zwölf Jahren zum ersten Mal gelesen habe, gedacht habe, es handle sich um den Zweiten Weltkrieg.

Verständlicher sind die Streichungen der Stellen, aus denen die alltägliche militaristische Erziehung und die Kriegsbegeisterung hervorgeht, da die Charaktere aus Nesthäkchen ja als Vorbild dienen sollen. Aber auch diese Vorgangsweise halte ich für bedenklich. Wie schon erwähnt, ist Nesthäkchen ein Zeitdokument. Kein Mensch kann heute diese Kriegsbegeisterung nachvollziehen, doch es kann keine Lösung sein, so zu tun, als hätte es sie nie gegeben. Und genau dieser Eindruck wird Kindern vermittelt, die zum ersten Mal über den Ersten Weltkrieg lesen.
Es ist völlig klar, dass man kriegsverherrlichende Stellen nicht einfach so stehen lassen kann. Aber es hätte ja noch die Möglichkeit bestanden, ein erklärendes Vorwort oder Nachwort anzufügen, in dem die Folgen der Kriegsbegeisterung angeführt sind. Außerdem besteht sowieso keine Gefahr, dass heutige Kinder von diesen Gedanken beeinflusst werden könnten. Kein Kind unserer aufgeklärten Welt will heute Krieg.
Doch es ist wichtig, dass wir verstehen, wie es dazu kommen konnte – nämlich unter anderem durch die militaristische Einstellung der Menschen.

Und alle Hinweise auf diese wurden völlig zensiert.
Daher kommt der Kriegsausbruch für den Leser völlig überraschend aus heiterem Himmel.
Krieg wird es aber auch in der Bearbeitung. Viel mehr jedoch erfährt man nicht davon.
Im Original werden Offiziere einberufen, Annemarie sieht ein U-Boot und Soldaten tauchen auf. In der Bearbeitung fehlen diese Stellen. Der Kriegsausbruch hat dort keinerlei Auswirkung auf die Menschen.
Und diese Botschaft halte ich für viel bedenklicher als alle kriegsverherrlichenden Stellen, die von keinem Kind heute ernstgenommen werden.

Auf eine Anfrage (per e-mail) an den Thienemann-Verlag wann welche Bearbeitung stattgefunden hat, hat mir eine Sprecherin vom Thienemann-Verlag folgende Auskunft erteilt:

In der Hoch-Ausgabe aus den 70-er Jahren fällt auf, dass die Schauplätze aus den ehemaligen Ostgebieten in die Bundesrepublik verlagert wurden. Wer hinter dieser Bearbeitung steckte und warum man sich zu diesem Schritt entschlossen hatte, kann ich nicht sagen. Hier sind Sie aufs Interpretieren angewiesen, auch was die vielen Kürzungen anbelangt.
Die jetzige, lieferbare Thienemann-Ausgabe von 1997 hat die Originalausgabe zur Grundlage, ist an die Originalschauplätze zurückgekehrt sprachlich wurde sehr behutsam modernisiert, sodass der Text für heutige Kinder und Jugendliche verständlich ist. Außerdem haben wir beispielsweise im Tübingen-Band dem Schwäbischen zu seinem Recht verholfen (Else Ury hatte die Schwaben doch tatsächlich schwyzerdytsch sprechen lassen!).

Diese Stellungnahme spricht für sich.

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Durch das Hineinkopieren ist mir die Formatierung ziemlich verlorengegangen. Die Zitate sind nicht immer erkenntlich, aber ich glaube, man kennt sich aus.

Vielleicht hat noch jemand eine andere Ausgabe, als ich sie verwendet habe?



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Erstellt von Taki am Donnerstag, August 31, 2006 @ 13:22:14:

Ich habe etwas beizusteuern: ich habe als Kind die Ausgaben meiner Mutter gelesen, dabei handelt es sich um die 50er Jahre Ausgabe, Hoch Verlag.
Da ist in "Nesthäkchen fliegt aus dem Nest" eine ziemlich drollige Stelle: Nesthäkchen fährt mit ihren Freundinnen nach Tübingen. In Würzburg hat der Zug Aufenthalt und Annemarie hat großen Durst. Sie verlässt den Zug um sich etwas zu trinken zu holen. Ich habe die Stelle jetzt nicht wortwörtlich im Kopf - aber sie hält Ausschau nach "einer Pulle Coca-Cola".
Im Vorkriegsoriginal steht das natürlich nicht so (auch meine da steht "Limonade", aber ich schaue nochmal nach).
Da ich als Kind immerzu darüber gegrübelt habe, in welcher Zeit Nesthäkchen spielt, schließlich irgendwann herausbekommen hatte, dass es die Kaiserzeit ist, hat mich diese Pulle Cola wieder erneut in Verwirrung gestürzt, und ich kam zu dem Entschluss, dass es sich nicht um die Kaiserzeit,, sondern die Zeit kurz vor oder kurz nach dem 2. Weltkrieg handeln müsste (denn das Cola erst in den 50ern in Deutschland eingeführt wurde wusste ich). Damals wusste ich auch noch nicht, dass dieses 50er Ausgaben nicht den Originalen entsprechen, also wie sollte ich darauf kommen, dass diese modernisiert worden waren?
Was diese unsensiblen Umschreibungen so alles anrichten können. Gut, dass man kurz nach dem Krieg da nicht so viele Umstände macht, okay! Aber warum werden die heutigen Ausgabnen nicht wieder nach den Originalen gedruckt, mit den nötigen Erklärungen im Anhang? Glaubt man denn wirklich, die Kinder sind heutzutage zu dämlich um zu begreifen, dass das Buch in einer anderen Zeit spielt?
Mich hat damals das Altmodische in den Büchern überghaupt nicht gestört (im Zweifelsfalle habe ich auch mal mein Mutter gefragt) aber diese Unstimmigkeiten haben mich echt genervt, trotz - oder gerade weil ich erst 9 oder 10 Jahre alt war.
Es ist imer falsch, Kinder zu verschaukeln und, noch schlimmer, sie zu behandeln als könnten sie nicht selber denken! Ganz miese Nummer - und das meine ich nicht nur auf Kinderbücher bezogen.

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Erstellt von Rabea am Donnerstag, August 31, 2006 @ 15:52:24:

Ich habe auch lange Zeit geglaubt, dass die Nesthäkchen-Bücher vor und nach dem 2. Weltkrieg spielen. Ich habe es eigentlich erst richtig kapiert als die Fernseh-Serie kam (da war ich dann aber auch schon 14 oder 15 ).
Übrigens steht in meiner Ausgabe auch Coca=Cola (damals noch mit = geschrieben ). Warum in aller Welt ändert man so etwas eigentlich . Das ist doch jetzt wirklich weder kriegsverherrlichend noch sonst etwas?


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Erstellt von Taki am Donnerstag, August 31, 2006 @ 16:28:36:

Solche Modernisierungen waren in den vermufften 50er Jahren einfach wichtig und vielleicht sogar entscheidend, ob ein Buch gedruckt wurde oder nicht. Das zeigte halt ein modernes Verständnis und damit wollte man die Jugend begeistern. Vielleicht hat das auch damals geklappt. Bei den 50er Jahre Büchern finde ich diese Adaptionen an die neue Zeit auch eher ein bisschen rührend - das ist halt auch wieder Geschichte.
Aber ich finde schon, dass man den Kindern heutzutage auch eine originale Version zumuten kann. Es klappt ja sowieso nicht, mit den Anpassungen, was dabei herauskommt ist ein Kalb mit zwei Köpfen.

Wenn, wennnnnn - dann müsste man die ganze Geschichte auf modern umschreiben. Aber halt nich so. Wie soll ein Kind das denn heute kapieren? Ich denke, es wird es doof finden und das Buch beiseite legen. Und das fände ich echt schlimm - der Gedanke, dass es Else Urys Bücher irgendwann mal nicht mehr geben könnte ... da könnte ich heulen.
Wenn ich Zeit hätte und die Möglichkeiten, ich würde echt versuchen, die originalen Bücher wieder aufzulegen (es gibt ja nicht nur Nesthäkchen) Natürlich müsste man im Anhang ein paar Erklärungen, ein Glossar und Ähnliches anfügen. Aber ... seufz ... das wird wohl nicht mehr. Es sei denn, ich gewinne mal ganz groß im Lotto.


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Erstellt von Lucia am Donnerstag, August 31, 2006 @ 19:47:51:

Das mit dem Coca Cola ist ja echt krass!
Ja stimmt, im Film haben sie sich extra bemüht, diese Zeitbezüge wieder herzustellen. Sie haben sogar extra Sachen dazu erfunden (Soldaten marschieren vorbei, die Großmutter spricht dauernd vom Hof, der Vater lässt die Kinder kalt abduschen etc.)

In ein paar Jahren müssten die Urheberrechte für die Else Ury- Bücher doch ablaufen, oder? Wer weiß, vielleicht macht ja ein anderer Verlag eine Neuauflage. (Ich habe aber auch wenig Hoffnung.)
Dabei - wenn es Nesthäkchen und der Weltkrieg sogar auf Englisch gibt - wer weiß.



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Erstellt von Nadja am Donnerstag, August 31, 2006 @ 21:02:26:

Hm, ich konnte die Bücher nie richtig zeitlich zuordnen, weiß aber noch, dass ich immer wie doof gerechnet habe: Im ersten Band steht "Ostern 1910", da ist sie 6, also ist sie 1904 geboren, dann spielen die letzten Bände so in den Siebziger Jahren (des 20. Jhdts). Mich hat dann in den letzten Bänden immer gewundert, warum der 2. Weltkrieg und die Berliner Mauer nie erwähnt wurden. Ich wäre auch für kommentierte Auflangen der Originalversionen.


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Erstellt von Taki am Freitag, September 1, 2006 @ 08:32:30:

Nadja, genau das habe ich auch getan. Hab emich um und dumm gerechnet und bin auch zu dem Entschluss gekommen, dass Nästhäkchen Enkelin in den 70er Jahren ihre segensreichen Tätigkeiten ausübt. Und begriffen habe ich das Ganze eigentlich erst so richtig, als ich dann irgendwann gehört habe, dass E. Ury tatsächlich unbegreiflicherweise im KZ ermordet wurde.
Gerade deshalb, und weil die Zeitbezüge in den Büchern einfach nicht gerade zu rücken sind ohne Verrenkungen plädiere ich für Neuauflagen der Original - evtl. mit sensiblen Erläuterungen im Anhang. ich galube, das hätte mir als Kind gut gefallen, wenn ich so auch ein bißchen mehr noch erfahren hätte.



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Erstellt von Martina am Freitag, September 1, 2006 @ 08:38:00:

Ich kann mich nicht an eine genaue Datumsangabe erinnern, weiß nur dass ich mich als Kind immer gefragt habe, warum Annemarie und Ursel nicht einfach mit dem Flugzeug zwischen Brasilien und Deutschland hin und her fliegen, zumal Milton ja so reich ist.
Erst später habe ich dann erfahren, dass die letzten Bücher ja "in die Zukunft hinein" geschrieben wurden und zwar aus der Zeit zwischen den Kriegen.
Von dem Krieg zu Annemaries Jugendzeit hatte ich auch noch lange geglaubt, es sei der 2. Weltkrieg, denn wenn es der erste gewesen sein sollte ,hätte ja später noch der 2. Weltkrieg erwähnt werden müssen.
Jedenfalls kam ich so, ohne Kommentierungen, mit den Zeiten überhaupt nicht zurecht, zumal ich beim ersten Lesen dieser Bücher erst etwa 7 Jahre alt war.


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Erstellt von Anja am Dienstag, November 7, 2006 @ 16:27:05:

Das ist sehr interessant.
Vielen Dank für den Vergelich!
Es wäre vielleicht auch noch interessant, eine Ausgabe aus dem 50ern heranzuziehen. Ich besitze die Bücher aus dem Hoch-Verlag aus den 50ern und die sind noch bei weitem nicht so stark verändert bzw. gekürzt, wie die Ausgaben aus den 70er oder 80er Jahren. Natürlich sind hier besonders patriotische oder militaristische Stellen auch geändert bzw. weggekürzt worden, aber eben nicht so kraß, wie später. Sie enthalten - glaube ich- noch viel mehr von Else Urys Originaltext.
Von "Nesthäkchen im Kinderheim" jetzt mal abgesehen.
Aber auch in diesem Band ist in den 50ern noch mehr enthalten, als in den70ern oder 80ern.
Ich habe die Bücher nicht bei der Hand, da ich noch im Büro sitze
, aber da ich sie grade erst alle noch gelesen habe, fallen mir spontan einige Sätze ein: (Ich klaue jetzt mal aus dem ersten Posting)
- „Die kleine, eitle Evastochter war bereit, mit ins Kinderheim zu gehen, nur um ihr süßes neues Köfferchen vor den neuen Freundinnen auspacken zu können.“
Dieser Satz ist in der 50er Ausgabe noch genauso vorhanden.
Ebenso dieser:
- „Es war ein nicht allzu großer Garten, der zu der Klinik gehörte, wie man sie noch vereinzelt im alten Westen Berlins findet.“

- „Bald standen die Schuhe und Stiefel wie die Soldaten in Reih und Glied…“
Hier wurden in meiner Ausgabe die Soldaten zu Turnern.

- „Sieh mal, Kind, dort hinten am Horizont, taucht wieder das schwarze Torpedoboot auf, das ich euch schon öfters gezeigt – siehst du – dort, das ist ein Kriegsschiff“, Tante Lenchen wies über das schäumende Meer.
Die in den Wellen herumplätschernde Annemarie, der es in dem vereinsamten Damenbad etwas ungemütlich war, blickte in die angegebene Richtung.
„Tante Lenchen – Tante Lenchen – das Torpedoboot ist eben untergegangen – es ist spurlos in den Wellen versunken“, rief die Kleine aufgeregt.
Tatsächlich – das eben noch deutlich sichtbare schmale Schiff war plötzlich wie von den Wassern verschlungen.
„Dann ist es sicher ein Unterseeboot gewesen, Annemarie, das untertauchen und stundenlang unter dem Wasser, ohne daß man es sieht, dahinfahren kann. Als Waffe im Seekriege hat man die Unterseeboote erfunden, Gott gebe, daß wir sie nicht gebrauchen!“

Auch dieser Abschnitt ist noch komplett enthalten.

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