Zum 50. Geburtstag bekam die Reihe ein neues Erscheinungsbild:
"Geheime" Bestseller 23.08.2015
50 Jahre "Hanni und Nanni"Vor 50 Jahren, am 23. August 1965, veröffentlichte Schneiderbuch den ersten Band von Enid Blytons Reihe Hanni und Nanni. Damit begann die Erfolgsgeschichte einer Buchreihe, die wie keine andere mit dem Namen Schneiderbuch verbunden wird.
1963 erwarb Schneiderbuch (damals noch Franz Schneider Verlag) die deutschen Rechte an Enid Blytons Serie St Clare’s, die in der deutschsprachigen Ausgabe zu Hanni und Nanni wurde und seither zu den Klassikern des Mädchenbuchs zählt. Blyton verfasste insgesamt sechs Bände.
In Deutschland wurde die Reihe so erfolgreich, dass sie nach dem Tod Enid Blytons im Auftrag des Verlags fortgeschrieben wurde und mittlerweile 36 Bände umfasst.
„Enid Blyton“ wurde dabei zum Markennamen, der in Würdigung der Ursprungsautorin bis heute auf den Buchcovern steht. Die deutsche Hanni und Nanni-Reihe erreichte Millionenauflagen. Sie ist nach wie vor in verschiedenen Ausgaben und Ausstattungen erhältlich und wurde dreimal erfolgreich verfilmt. Auch die Filmbücher erschienen bei Schneiderbuch und wurden Bestseller.
Zwei Fortschreibungen des Filmgeschehens schafften ebenfalls den Sprung auf die Bestsellerliste.
Anlässlich des 50-jährigen Publikationsjubiläums bringt der Verlag nun eine Neuauflage aller Bände mit neuen Coverillustrationen heraus. Die Umschlagillustrationen der Reihe wurden 50 Jahre lang vom Künstler Nikolaus Moras angefertigt. Im Laufe der Jahre veränderte sie Moras selbst mehrfach, um die Kleidung und die Frisuren der Mädchen der Mode der jeweiligen Zeit anzupassen.
Für den Relaunch der Reihe konnte nun Eleni Livanios als Illustratorin und Eva Schöffmann-Davidov für die Umschlagkonzeption gewonnen werden. Der Text wurde behutsam überarbeitet und das empfohlene Lesealter von 10 auf 8 Jahre gesenkt. Pro Jahr werden 10 Bände in überarbeiteter Neuauflage erscheinen, außerdem ein neu geschriebener Band. Die ersten fünf Bücher mit neuen Covern sowie der neu geschriebene Band „Hanni und Nanni feiern Geburtstag“ sind am 6. August erschienen. Hanni und Nanni sagen jetzt "Mama" und "Papa" statt "Vater" und "Mutter". Und die Buchcover der Serie sehen in der Jubiläumsausgabe poppiger aus. Aber Werte und Streiche sind die gleichen wie 1965.
CLAUDIA REICHERTER | 22.08.2015
Mitternachtspartys? Eine Französischlehrerin namens Mamsell? Und zum Schuljahresbeginn stets die zickigen Neuen, die erstmal "zurechtgestutzt" gehören? Jawohl, es geht um "Hanni und Nanni". Die Kinderbuchserie hat in den 1960er bis 90er Jahren recht exakt den Stoff abgebildet, aus dem Jungmädchen-Träume bestanden. Wer sehnte sich nicht - wenigstens ab und an - von der drögen vierklassigen Dorfschule ins Internat Lindenhof? Wie weit auch immer die Romanmaterie von der Realität entfernt gewesen sein mag. Und wer hätte sich als Zwölfjährige nicht eine Zwillingsschwester an die Seite gewünscht - selbst eine so aufbrausende und dickköpfige wie Hanni?
Geschaffen hat diese Bücherserie um die anfangs recht aufmüpfigen, aber am Ende doch herzensguten und vor allem rechtschaffenen Sullivan-Zwillinge die englische Lehrerin Enid Blyton (1897-1968). Ihre Bücher wurden in mehr als 100 Sprachen übersetzt, verkauften sich weltweit millionenfach - und waren aufgrund ihrer Geschäftstüchtigkeit bald schon zur Marke avanciert.
Blyton schrieb jedoch nur sechs Folgen der Abenteuer von Patricia und Isabel O'Sullivan, wie die Protagonistinnen im Original hießen. Pamela Cox fügte nach Blytons Tod drei weitere hinzu. Der erste Band auf Deutsch, "Hanni und Nanni sind immer dagegen", erschien am 23. August 1965 im damaligen Franz Schneider Verlag. Die Buchreihe war hier derart erfolgreich, dass der Verlag Schneiderbücher zum 50-Jährigen nun ganze 36 Bände neu herausbringt. Verschiedene deutsche Autoren, darunter Jugendbuchautorin Rosemarie Eitzert und zuletzt Mark Stichler für das brandneue Abenteuer "Hanni und Nanni feiern Geburtstag" wurden im Lauf der Jahrzehnte beauftragt, das Werk fortzusetzen. Um dessen Urheberin zu würdigen, stehe deren Autogramm aber als Markenname noch auf den Buchdeckeln, teilt Johanna Noelle vom Verlag mit.
Nikolaus Moras' über 50 Jahre dem jeweiligen Zeitgeist immer wieder angepasste Optik wurde für die Jubiläumsausgabe durch Cover der Illustratorin Eleni Livanios ersetzt. So tragen die eineiigen Zwillinge nun nicht nur keine Schlaghosen mehr, sie haben auch trendgerecht kleinere Augen, glattere Haare - und mehr Szenisches um sich herum. Das empfohlene Lesealter wurde von zehn auf acht Jahre gesenkt und die Sprache "vorsichtig aktualisiert", erklärt Schneiderbuch-Programmleiterin Katharina Braun. 1965 wurde der Stoff zunächst fürs deutsche Lesepublikum adaptiert; seit den 80er Jahren heißt die Klassenlehrerin statt "Fräulein" "Frau Roberts"; seit 2005 gilt die neue Rechtschreibung. Jetzt wurden etwa "hochmütig" durch "arrogant" und "unleidlich" durch "unfreundlich" ersetzt. Doch auch wenn Hanni und Nanni sie nun "Mama" und "Papa" nennen: Vater Sullivan raucht noch immer Pfeife und liest Zeitung, während die Mutter "ihre Näharbeit zur Hand" nimmt. Und die Mädchen schreiben einander Briefe statt SMS.
Auch die propagierten Werte sind noch dieselben: Überheblichkeit, Angeberei, Selbstmitleid sind blöd; "gutes Benehmen" und Zusammenhalt gut. Kritik an tradierten Rollenbildern und stereotypen Charakteren kam über die Jahre auf - und verstummte wieder. Denn immerhin haben diese Bücher wie später "Harry Potter" Generationen von jungen Mädchen zum Lesen verführt. Gerne im Taschenlampenschein unter der Bettdecke. Und, mal ehrlich: Mitternachtspartys sind an sich doch eher harmlos.