Berte-Bratt-Forum

aus:
Zeitschrift: Le mouvement féministe : organe officiel des publications de
l'Alliance nationale des sociétés féminines suisses
Band (Jahr): 32 (1944) Heft 660




Frauenbücher - Norwegerinnen unserer Zeit

Gleichzeitig zwei Bücher [das andere: Synnöve Christensen - Jeg er en norsk Kvinde] offenbaren uns den Geist der norwegischen Frau in Verbindung mit den modernen Zeiten, die Unruhen oder Unmenschlichkeit beinhalten. Ein loyaler Geist, gelassen, mutig, in dem eine Einfachheit des Ursprünglichen besteht. Und durch diese Qualitäten, durch diese Charakteristiken der Rasse, finden sich zwei Heldinnen angenähert, deren Persönlichkeit verschieden ist, und die zu zwei Werken mit unterschiedlichen Werten gehören, so verschieden wie nur möglich.

2ZiKü ist ein Roman der in Form eines Tagebuchs geschrieben ist - das einer jungen Journalistin. Einer der Verdienste der Autorin ist, dass sie es geschafft hat, dieses wenig genutzte Genre wiederzubeleben. Mme Simone Hauert ist es in ihrer freien Adaption natürlich gut gelungen den impulsiven und kecken Ton der Erzählung zu erhalten. Trotzdem scheint sie manchmal Einfachheit mit Nachlässigkeit zu verwechseln. Wir ziehen die Seiten vor, die weniger "holpern", wenn man so sagen darf. Im Rest ist die Adaption geglückt und liest sich mit umso mehr Genuss, als das Gewebe unter der leichten Erscheinung ein solides Gerüst aus den eigentlichen Fäden des Lebens verbirgt.
Kisinka - Pseudonym à la Russe- ist ein junges Mädchen, gleichzeitig amoralisch und ehrlich, wie es sie so viele in unserer unsteten Gesellschaft gibt. Spross eines bürgerlichen Milieus, erringt sie ihre Unabhängigkeit, die keiner als überzogen beurteilen würde, durch den Zwang der Umstände. Aber obwohl sie die moralischen Gesetze zu ignorieren scheint, die uns vorgeben unsere Instinkte zu beherrschen, ist es nur weil sie noch nicht das Bedurfnis verspürt sie zu respektieren, und weil diese Gesetze momentan in der gegenwärtigen Zeit etwas verschoben sind, in gewissen Kreisen versteht sich. Der Vorteil Kisinkas im Verhältnis zu ihresgleichen ist die Gabe der Intelligenz, die ihr die Natur verliehen hat. Verwaist und vermögenslos -ihr Vater ist bankrott gegangen- entscheidet sie sich ihre kleine Stadt zu verlassen um ihr Glück in Oslo zu versuchen, wo sie mit Erfolg, als die Erzählung beginnt, die "Frauenseite" einer grossen Zeitung redigiert. In diesem Moment ist sie 26 Jahre. Sie gibt dem Anreiz der beiläufigen Liebe nach, ursprünglich, ohne pekuniäres oder sentimentales Interesse. Aber als sie den kennenlernt, der der Mann ihres Lebens wird, Gunnar, ändert sich die Sache auf einmal.
Unter dem Mantel der so bequemen "Kameradschaft" entwickeln sich freundschaftliche Verbindungen, die sich Stück für Stück zu einen intimeren Einvernehmen mausern. Jeder setzt seinen Stolz darin seine wahren Gefühle zu verschleiern. Gunnar ist nicht reich. Kisinka geniert sich nicht, die bescheidenen Haushalte zu verspotten, die sich mit einer engen Wohnung zufrieden geben, wo man sich die Ellenbogen stösst: "2ZiKü". Dennoch, im geheimen nimmt die Natur ihren Lauf. Als sie entdeckt, dass sie ein geheimnisvolles kleines Leben entwickelt, fühlt Kisinka eine grosse Freude. Wie es ihre Gewohnheit ist, stellt sie sich der Situation. Da sie sich freiwillig geschenkt hat, wird sie sich nicht aufdrängen.Sie wird ihr Kind aufziehen mit den Einnahmen ihrer Arbeit. Nichts soll für ihn zu schön und zu gut sein. Trotz allem schuldet sie Gunnar die Wahrheit. Und Gunnar, entgegen des Anscheins, ist ein ehrenhafter Mann. Er liebt Kisinka tief. Man spricht sich aus, man wird wieder zu normalen Menschen. Man muss sich nur beeilen das Aufgebot zu bestellen und ein kleines preiswertes Appartment zu suchen: "2ZiKü"!
Wieder einnmal hat die Hoffnung auf ein Kind den Respekt für die familiäre Tradition hergestellt. So hat dieser Roman in seiner leichten Form eine sehr hohe moralische Bedeutung. Wer genau ist AS? Wir wissen nur, durch das Vorwort*, dass diese junge Norwegerin ihr besetztes Land verlassen hat, und man vermutet, dass sie irgendwo nach Amerika geflüchtet ist.

* das Vorwort dieser Schweizer Ausgabe hatte ich schon mal übersetzt.

Was mich an dieser Rezension etwas verwirrt, ist -obwohl es eine Feministische Frauenzeitschrift ist- dass die traditionellen Werte, Ehe und Familie, so hochgelobt werden, und dass freie Liebe nur dem Zeitgeist zugestanden wird.
Ausserdem verlassen sich die Rezensenten nur auf das Vorwort in Bezug auf AS Aufenthaltsort. Soweit uns bekannt ist, war ja AS niemals untergetaucht. Auch ohne Internet und Google muss es damals Möglichkeiten gegeben haben, aus der neutralen Schweiz Kontakt aufzunehmen -grade zu jemandem, der nicht "under jorden" war. Ich vermute mal, dass es eine Marketing-Strategie war, besonders weil diese Ausgabe wirklich eine Adaption und keine 1zu1 Übersetzung ist.

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LG ~ Schussel X Griffindor by birth, Slytherin at heart!
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