Ich habe mir das Buch neulich mitgenommen, als ich mal wieder ein "Buch zum Anfassen" brauchte, und Lindgren kann ja nie falsch sein!
Es liest sich -für mich- sehr langsam (ich bin auch erst halb durch), was ich eigentlich nur gut finde. Nicht so ganz gut finde ich den Grund fürs Langsamlesen. Ich muss nämlich für die reinen Informationen, die mich sehr interessieren, viel verquasten Kram durcharbeiten.
Erstmal möchte ich mich Ulrikes Rezension 100% anschliessen! Positiv finde ich zusätzlich, dass es ein "Berlin, in dem die Welt noch in Ordnung war" (=die o.a. Informationen) beschreibt, solche Bücher haben bei mir eh einen hohen Stellenwert.
Aber: was mir gleich bei den ersten Briefen unangenehm auffiel... es hat von Louises Seite extrem viel von Stalking! Natürlich weiss ich, dass man früher, als man nur Briefe schrieb, anders geschrieben hat. Nur, dieses übertrieben Schwärmerische verorte ich eher mindestens im 19. Jh. Ich zweifle keinesfalls Lindgrens Aussagen an, dass sie an Louise als Love-Object nicht interessiert war! Ich wundere mich nur, warum sie -wie es im Buch so schön heisst- immer wieder "mit dem Feuer gespielt" hat, denn ich kann mir bei allem was ich von Astrid Lindgren weiss, nicht vorstellen, dass sie unreflektiert nach jeder Anerkennung gegiert hat.
Was ich unglaublich interessant finde, sind die Geldangaben im Buch. Was die damals umgerechnet für Kultur, Leseförderung, und anderes in der Richtung rausgehauen haben... sensationell, wenn man es mit heute vergleicht!
Andererseits ist das Geld auch wieder etwas, was meine Stalking-Theorie unterstützt. Louise Hartung hatte kein eigenes Vermögen, schickt aber ständig -wöchentlich!- Geschenke an Astrid, bezahlt ihr Flugtickets, etc. Selbst wenn man den Teil rausrechnet, den sie beruflich abrechnen konnte, wenn man die damaligen Fracht-/Flug-/Eilsendungs-Kosten ins Verhältnis zu einem höheren Beamtengehalt setzt, die Frau muss doch ständig pleite gewesen sein? (meine Eltern waren in derselben Zeit 1 niedriger und 1 höherer Beamter, und ich weiss daher, wie sie geknapst haben).
Was bisher bei mir von diesem Buch angekommen ist, Astrid Lindgren war offenbar jemand, der nicht zu ihrem eigenen Wohl "Nein" sagen konnte. Grade als jemand, der gerne alleine war, der allein sein musste, weil wie sie ja selbst sagt, das ihre Kreativität befördert hat... wer weiss, was sie noch für tolle Bücher geschrieben hätte, wenn sie sich nur auf ihre eigene Familie und die engsten Freunde beschränkt hätte!
Louise Hartung fügt dem Druck, dem Astrid Lindgren, als Nicht-Nein-Sagerin, ohnehin ausgesetzt war -Autorin, Verlagsleiterin, schwierige Familien- und Mutter-Situation, nur neuen Druck hinzu. Wenn sie sie wirklich geliebt und verstanden hätte, hätte sie versucht, den Druck zu vermindern. So, wie es sich hier darstellt, ist es für mich einfach nur egoistisch, und deshalb Stalking.
_________________ LG ~ Schussel X Griffindor by birth, Slytherin at heart! ~ Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt. - J.L.Borges ~
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