Diesen Sommer habe ich auf der Suche nach weiteren biographischen Neuigkeiten das Kieler Stadtarchiv angeschrieben. Und ein sehr netter Mitarbeiter hat mir die Fotokopie eines schönen Artikels der Kieler Nachrichten anlässlich AS 80. Geburtstag geschickt.
Im Forum wurde er schon mal von Marie-Claire zusammengefasst, s.u..
Leider haben mir die Kieler Nachrichten untersagt, den Artikel einzustellen.
Aber der juristische Expertinnen-Rat unseres Forums fand die Idee rechtlich in Ordnung, dass ich den Artikel, den Ulrike netterweise verlinkt hat, auf Anfrage per PN jedem einzelnen zuzusenden.
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Im Archiv der Kieler Nachrichten konnte ich zwei Artikel über Berte Bratt finden. Um den Urheberschutz nicht zu verletzen, werde ich sie ein bisschen zusammenfassen.
18. September 1965
"Berte Bratt schreibt ganz prima Bücher"Die Autorin des neuen KN-Romans ist Norwegerin... und lebt in Kiel Die KN druckten damals "Das Herz auf dem rechten Fleck" als Fortsetzungsroman ab.
Die Adresse Wehdenweg 56 wird genannt, aber "man würde vergeblich dort nach dem Namen 'Berte Bratt' suchen: Auf dem Türschild steht Annik Saxegaard, und das ist ihr richtiger Name."
"Vor zehn Jahren" sei sie nach Deutschland gekommen, über ihren Umzug sagt Saxegaard: "Es ist für einen Schriftsteller wohl am besten, wenn man dort lebt, wo man seine Erfolge hat."
Zum Zeitpunkt des Artikels waren über 20 Bücher von ihr in Deutschland veröffentlicht. "Gleich das erste Buch, das sie als Dreißigjährige schrieb, schlug ein: 'Meine Tochter Liesbeth', im Franz-Schneider-Verlag vor Jahren erschienen, hat unter den jungen deutschen Leserinnen eine begeisterte Anhängerschar gefunden."
Dann kommen einige biografische Angaben, und ihre Beziehung zu Deutschland wird hervorgehoben: Sie spricht Deutsch wie ihre Muttersprache. Die Mutter hatte hier Musik studiert und ihr viele deutsche Lieder beigebracht, ein Onkel war Heldentenor an der Frankfurter Oper, mit den Cousins sprach sie Deutsch.
"Eine ganz große Liebe hat sie zu den deutschen Dialekten, vor allem für das Berlinerische: 'Ich kann es zwar nicht sprechen, aber schreiben.' Nur das Schwäbische macht 'so viele Schwierigkeiten'."
Auf die Frage, was sie zur Zeit in Arbeit habe, zeigt Saxegaard die Strickjacke in Norwegermuster, die sie abends vor dem Fernseher strickt. Außerdem hat sie ein neues Buch abgeschlossen, erstmals in deutscher Sprache geschrieben.
"Und nun befinde ich mich in der grotesken Situation, daß ich mein 'deutsches' Buch für meinen norwegischen Verleger in meine eigene Heimatsprache übersetzen muß." [Leider wird kein Buchtitel genannt]
Nun erwähnt man Bicky, "den quicklebendigen 'Fehltritt' einer Bedlington-Terrier-Hündin mit einem schwarzen Pudelmann. 'Bicky und mein kleines Auto, das sind die festen Punkte in meinem Leben', gesteht Frau Saxegaard, und der 'feste Punkt' hüpft dabei an ihr hoch, um ein 'Artigkeitsplätzchen' zu bekommen. "
Dann geht es noch um ihre Leidenschaft Kochen: "am liebsten würde sie den ganzen Tag über am Herd stehen und neue Gerichte ausprobieren... 'Und dann habe ich noch ein Faible für alle neuen Elektrogeräte - ich wickle sogar meine Strickwolle elektrisch ab! Das geht sehr gut - mit dem Pürierstab des Handmixgeräts!'"
Schließlich wird noch eine 13-Jährige gefragt, warum ihr die Berte-Bratt-Bücher gefallen: "Weil sie nur das schreibt, was wir Mädchen wirklich erleben oder erleben könnten, darum."
21. Mai 1985
Berte Bratt hat das Herz auf dem rechten FleckEine in Kiel lebende Jugendbuch-Millionärin feiert Geburtstag Mit Foto der 80-jährigen:
Über fünf Millionen deutschsprachige Exemplare verkauft
In 50 Jahren fast 40 Titel in deutscher Sprache erschienen
Kiel seit 1955 Wahlheimat
"Güte und Mitgefühl bestimmen ihre Romanfiguren. Unentwegt und unbeirrt bauen sie das Leben auf dem Guten auf. Wärme und Herzlichkeit gehen ihren Personen auch in Krisen und Konflikten [nicht] verloren." (Ich nehme mal an, dass da ein "nicht" stehen sollte).
"Ihre Botschaft hat Berte Bratt immer spannend und unterhaltsam verpackt. Sie kann lebendige Dialoge schreiben. Ereignisse überstürzen sich. Ihre Heldinnen müssen sich bewähren, und sie schaffen es immer. Sie werden in Umbruchphasen beobachtet und geschildert: erste Liebe, Berufsanfang, erste Enttäuschungen und die Erfahrung, daß Ideale und Realität nur schwer unter einen Hut zu kriegen sind - Situationen, die ihre jungen Leserinnen am eigenen Leib erleben. Ermutigung und Optimismus signalisieren schon die Titel ihrer Bücher: 'Ich glaub an dich', 'Regine schafft es doch' oder 'Hab Mut, Katrin'.
Bratt schreibe nicht "feministisch-kämpferisch", doch sie reduziere Mädchen auch nicht auf Küche und Familie, sondern wolle, dass sie selbständig ihre Fähigkeiten entfalteten.
"Zeitweise ist es schwierig, eines ihrer Bücher aus der Stadtbücherei zu entleihen. Wahre Stempelkolonnen auf den Ausleihzetteln sind ein sichtbarer Beweis für die anhaltende Nachfrage."
Ein Bombenerfolg: "Bleib bei uns, Beate". "Während des Schreibens hatte sich die Autorin so mit ihrer erdichteten Person angefreundet, daß sie schließlich eine Serie von acht Büchern zusammenschrieb."
Die Ideen für die Romane seien ihr nach eigener Aussage "in den Suppentopf gefallen". "Plötzlich ist ein zündender Funke da. In Gedanken baut sie weiter darauf auf. Es vergehen dann noch etliche Wochen, bis die Kladde im Kopf steht und das Manuskript fertig ist."
Es wird betont, dass Handlungen und Personen erfunden seien, es gebe keine lebenden Vorbilder. Allerdings sind Erfahrungen aus ihren zahlreichen Reisen nach Ost- und Südafrika, Australien und Amerika eingeflossen, natürlich auch Kiel.
"Seit drei Jahren kann sie, behindert durch ein Knochenleiden, nicht mehr an der Schreibmaschine sitzen. Jetzt lebt sie zurückgezogen mit ihrer langjährigen Freundin und dem Pudel Bisken in ihrer Kieler Wohnung. Sie strickt mit Begeisterung und blickt zufrieden auf eine ereignisreiche Vergangenheit zurück: das liberale Elternhaus in Stavanger, die Schulzeit in Oslo, die glückliche Scheidung von ihrem Mann 1947, die vielen Reisen rund um die Welt, der Erfolg ihrer Bücher und all die Menschen, die sie kennengelernt hat."