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BeitragVerfasst: 28.06.2014, 12:37 
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gesprächiges Gnu
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Lilli Steffen (aufgrund ihrer Größe Lilliputchen oder Lilli Lilliput genannt), lebt mit ihren Eltern (Vater Gymnasiallehrer und Mutter Mieze (Hausfrau)), ihrem Zwilligsbuder Ludwig (3 Stunden jünger) und ihrer Kleine Schwester Margot, in einem kleinen Haus in Berlin Schlachtensee. Ihre größte Sorge ist es, dass sie so klein ist (ein Lehrer nennt sie sogar einmal einen abgebrochenen Riesen). Lilli ist ein Träumer und liebt es Märchen zu erfinden, die sie ihrem Bruder abends auf dem Märchensofa erzählt. ihre Mutter ist von dieser Eigenschaft weniger begeistert und versucht sie auf dem Boden der Tatsachen zu halten, im Gegensatz zu ihrem Vater, der sich in ihr wieder erkennt.

Die Familie nimmt zwei russische Pensionskinder (Iwan und Sonja Petrowitcz) für einige Zeit bei sich auf. Es handelt sich dabei um die Kinder der Schwester eines Studienfreundes von Lillis Vater. Ihre Mutter ist Ärztin in St. Petersburg und hat die Kinder aufgrund ihrer Arbeit sträflich vernachlässigt (ein typisches, immer wieder vorkommendes Klischee in Büchern dieser Zeit, auch bei Else Ury).

Während Lilli Else Urys Archetyp der blonden, fleißigen, ordentlichen, schlanken, sportlichen Klassenersten entspricht, ist Sonja ihr Gegenpol (unordentlich, verstockt, faul und schwarzhaarig). Auch Ludwig entspricht dem blonden, fleißigen, ordentlichen, schlanken, Primus Archetyp und Iwan ist sein Gegenpol (ungehorsam, faul, spielt andauernd irgendwelche Streiche)..

Jedoch, wie nicht anders zu erwarten, lernen die russischen Kinder, wie sich ein deutsches Kind zu verhalten und benehmen hat, durch die Güte und liebe ihrer Pensionseltern und das gelebte Beispiel von Lilli und Ludwig. Auch erlernt die verstockte Sonja durch die räumliche Trennung die Liebe zu ihrer Mutter erneut.

Auch bei Lills beiden Kränzchenschwestern Ilse Gerhard und Lena Ritter handelt es sich um Gegenpole, diesmal Gesellschaftlicher Art.

Ilse Gerhard kommt aus reichem Hause, ihr Vater ist Bankdirektor. Wie nicht anders zu erwarten kann in Else Urys Welt ein reiches Kind nicht einfach glücklich sein, nein Ilse (dieser Name muss damals wirklich häufig gewesen sein) ist einsam, weil sich ihr Vater nicht richtig um sie kümmert und hat stattdessen eine englische Miss und ein Kindermädchen. Ihre Mutter ist chronisch krank und verträgt das deutsche Klima nicht, daher hält sie sich in Ägypten auf (das legt den Verdacht auf Tuberkulose, die damals weit verbreitet war, nahe). Reiche, kranke Mütter, ein weiterer Archetyp dieser Zeit nicht nur bei Else Ury. Ilse Gerhard wird Lillis beste Freundin; nachdem Lillis Mutter endlich ihre Bedenken, ob das der richtige Umgang sei, durch eine prüfende Einladung entkräftigt sieht.

Lena Richter, Ilses Gegenpol, lebt mit ihrer verwitweten Mutter und vielen Geschwistern in einer Dachwohnung. Sie ist fleißig, hilft viel im Haushalt, kümmert sich um die Geschwister (noch so ein Archetyp).

Lilli Gewinnt eines Tages in einem Märchenpreisausschreiben mit dem Märchen "Prinzessin Schneeflocke" ( 1000 Mark. Dieses Märchen entspricht haargenau der Geschichte "Prinzession Schneeflocke" von Else Ury aus dem Kinderkalender des Globusverlags (1906), da stellt sich die Frage, ob das Absicht war, oder ob Else Ury auf die Schnelle nichts anderes eingefallen ist und sie dachte, an die Geschichte erinnert sich ohnehin keiner mehr. Einen Teil des Gewinns spendet Lilli für die Kinder verunglückter Mienenarbeiter (wieder einmal so eine selbstlose Tat) und der Rest wird gespart (die Deutschen lernen wohl nie, dass Geld dazu neigt im Krieg zu verfallen und daher sparen sinnlos ist und lieber in krisensichere Werte investiert werden sollte).

Im Sommer nach dem Gewinn des Preisausschreibens bricht der erste Weltkrieg aus (Dieses Kapitel fehlt in der Ausgabe von 1951). Iwan und Sonja werden sofort nach Hause geschickt und Lilli befindet sich in einem großen Dilemma "Ihre Vaterlandsliebe trieb sie von der Freundin fort, machte ihr das Mädchen (Sonja), das sie so sehr lieb hatte, zur Feindin.", jedoch gewinnt der gesunde Menschenverstand.

Ganz subjektiv beurteilt hätte ich das Buch in dem Alter, für das es vorgesehen ist, gehasst. Immer wieder diese Klassenbesten (ich war eher nicht so gut in der Schule), warum nicht mal Versager?. Wieder mal Blond, zierlich (ich war eher zu groß geraten und ragte über alle hinaus, ganz abgesehen von meinen braunen Haaren) und sportlich (ich halte es da eher mit Winston Churchill "Sport ist Mord"). Gab es damals keine "normalen" Mädchen, oder lasen nur diese blonden Klassenersten Urys Bücher?

Es ist ein nettes Zeitdokument der damaligen Jugendliteratur, das den heutigen Zeitgeschmack sicherlich nicht mehr trifft, weshalb es nach 1950 wahrscheinlich auch nicht mehr aufgelegt wurde. Ganz übel stößt mir persönlich der letzte Satz des Buches auf: "Jung-Deutschland würde fest und treu daheim auf seinem Platze stehen, was auch von ihm gefordert würde". Kein Wunder, dass dieses Kapitel in den Ausgabe von 1951 nicht mehr enthalten ist.

Das Buch ist relativ selten und rangiert in den Vorkriegsausgaben preislich, je nach Erhaltung, zwischen 30 - 70€.

4 Sterne


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